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Gelber Brief. Manchmal enthält er gute Nachrichten. Zum Beispiel, wenn man vor Gericht gewonnen hat. Meist jedoch enthält er Anschuldigungen. Ein Verwaltungsakt läuft gegen Sie.
Was tun? Nehmen Sie den gelben Brief wie einen Fehdehandschuh auf, drehen Sie den Spieß um. Machen Sie den Brief zu Ihrer Waffe und lassen den Verwaltungsakt ins Leere laufen. Widersprechen Sie. Weisen Sie die Behauptung als falsch zurück, selbst wenn Sie das Behauptete getan haben. Der Verfasser des gelben Briefes ist in der Beweispflicht, nicht Sie.
Die Wahrheit in einem Veraltungsakt ist immer nur das, was man beweisen kann. Die Gegenseite muss Ihnen Ihre Schuld nachweisen.
► Beispiel Gelber Brief mit Blitzerfoto
Ja, tatsächlich. Sie erkennen sich auf dem Blitzerfoto. Aber werden Sie jetzt bloß nicht schwach. Sie wurden ja als Halter angeschrieben, nicht als Fahrer. Der Fahrer soll ja erst ermittelt werden. Das ist Ihre Chance. Grundsätzlich gilt: Sie als Halter sind nie gefahren. Den Fahrer können Sie leider deshalb nicht benennen, weil er mit Ihnen ersten Grades verwandt ist. Hier können Sie der Polizei bei deren Ermittlungen nicht helfen, um ihren eigenen Familienfrieden nicht zu gefährden. Deshalb haben Sie ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Die Ähnlichkeit auf dem Foto mit Ihnen? Natürlich, sonst wären Sie ja nicht mit dem Fahrer verwandt. Das können Sie anstandslos als Beschuldigter behaupten, auch wenn Sie gar keine Verwandte haben. Die polizeilichen Ermittlungen werden irgendwann eingestellt werden. Denn für die Polizei ist es utopisch schwer und der Aufwand wäre viel zu groß, in unserer verzwickten Stiefgeschwister- und Patchworkfamilienwelt Ihren Stammbaum deutschlandweit nachzuzeichnen und einen infrage kommenden Fahrer aufzuspüren.
Ignoriert das kommunale Ordnungsamt Ihren Einwand, dass Sie nicht der Fahrer sind, und es kommt zu einer Gerichtsverhandlung, verlangen Sie Waffengleichheit. Einen Anwalt können Sie getrost weglassen.
Der Vorwurf beruht auf einer bearbeiteten Blitzerfoto-Kopie mit einem verkleinerten Ausschnitt und geschwärztem Beifahrerfenster. Beantragen Sie die Vorlage des Originalblitzerfotos. Beantragen Sie, dass ein unabhängiger Gutachter das Originalfoto dahingehend überprüft, ob der Blitzautomat Sie versehentlich geblitzt hat, weil sie gerade von einem Raser überholt wurden. Oder ein anderer Messfehler ausgeschlossen werden kann.
In der Regel wird das Originalfoto nach der Bearbeitung gelöscht. Der Gutachter steht ihnen zu. Doch eine Richterin oder Richter wird den Aufwand als viel zu unverhältnismäßig einstufen, zumal es nicht zur Ermittlung des Fahrers und damit zu einem möglichen Täter führt, sondern nur zu einer möglichen Entlastung des unbekannten Täters. Das Verfahren läuft ins Leere und wird eingestellt.
► Beispiel Gelber Brief mit Parkplatz-Verstoß-Foto vom Ordnungsamt
Hier müssen Sie einfach abwägen, was Ihnen das Ordnungsamt vorschlägt. Auch hier muss ja der Fahrer und damit der vermeintlich schuldige Falschparker erst einmal ermittelt werden. Wenn der vorgeworfene Parkverstoß mit 15 Euro abgegolten ist, sollten Sie bezahlten.
Denn der Gesetzgeber hat bei Parkverstößen eine Gemeinheit eingeführt. Kann kein Fahrer ermittelt werden, muss der Halter des im Parkverbot stehenden Autos zumindest die Verfahrensgebühr bezahlen. Die liegt im Durchschnitt bei 25 Euro. Also, bevor Sie den Ball wie beim gelben Brief mit Blitzer-Foto zurückspielen, sollten Sie die Kosten des Parkverstoßes (15 Euro) mit den Verfahrenskosten bei einem Widerspruch (25 Euro) abwägen.
Aber wenn Sie mögen, können Sie mit einer guten Story das Verfahren auch ohne Anwalt mit einem Widerspruch vor Gericht und dort zum Einstellen bringen. Zum Beispiel, dass Sie nicht erkennen konnten, dass man dort nicht parken konnte und dass Sie gar keine Zeit hatten, sich eine andere Parkmöglichkeit zu suchen, weil Sie jemanden aus einer Notsituation geholfen haben oder weil sie einen ausgewiesenen Parkplatz gar nicht wegen Bauarbeiten nutzen konnten und auf diesen Notparkplatz ausweichen mussten. Lebensnahe Geschichten gibt es viele.
► Beispiel gelber Brief mit Mahnbescheid oder Vollstreckungsbescheid
Keine Bange. Das Gericht hat gar nicht geprüft, ob der behauptete Anspruch an Sie überhaupt besteht. Also widersprechen Sie immer gesamt.
Der Antragsteller meldet sich dann schon bei Ihnen. Wenn er Sie bittet, den Widerspruch doch zurückzunehmen, ist alles klar. Dann fehlen dem Antragsteller die Beweise oder er scheut ein Gerichtsverfahren, wo er die Beweise auf den Tisch legen muss. Meist kaufen Inkasso-Unternehmen in großem Stil ungeprüft unbezahlte Rechnungen von Unternehmen für einen Apfel und ein Ei und wollen nun die abgetretene Forderung versilbern. Kehren Sie den Vorgang um. Schlagen Sie das Inkasso mit den eigenen Waffen. Bestreiten Sie die Forderung. Ein Grund findet sich immer. Zum Beispiel: Sie haben die Ware persönlich nie erhalten. Es spielt keine Rolle, ob das stimmt. Der Antragsteller muss die Beweise für seine Forderung vorlegen. 99 Prozent aller Mahnbescheide oder Vollstreckungsbescheide erledigen sich mit dem Gesamtwiderspruch von selbst.
► Beispiel gelber Brief vom Gerichtsvollzieher mit Aufforderung zur Vermögenserklärung
Adrian Lessdorf von Wissen macht frei aus Dubai rät: Einen Zeugen mit ins Büro des Gerichtsvollziehers nehmen (es ist ein öffentlicher Raum). Geben Sie nur das Nötigste an, am besten ein Konto, dass Sie früher einmal hatten. Bevor Sie unterschreiben, vermerken Sie handschriftlich, dass Sie diese Erklärung unfreiwillig und unter Androhung von Gewalt (Haft) von Ihnen erpresst wurde. Fotografieren Sie die Erklärung mit dem Handy oder verlangen unter Zeugen eine Kopie. Wieder zuhause setzten Sie umgehend einen Einschreibebrief an den Gerichtsvollzieher auf und widersprechen Sie Ihrer abgegebenen Erklärung, weil diese Vermögensauskunft von Ihnen erpresst worden war. Am besten noch faxen und Faxbericht aufheben. Das können Sie so oft machen, bis der Gerichtsvollzieher die Lust verliert und die Sache wegen Aussichtslosigkeit auf Erfolg nicht weiterverfolgt.
Was sollten Sie auf gar keinen Fall tun, wenn der gelbe Brief im Kasten liegt?
Auf keinen Fall verweigern, zurücksenden oder wegwerfen
Eine Annahmeverweigerung oder Rücksendung bringt gar nichts. Der gelbe Brief gilt mit der Unterschrift des Briefboten als zugestellt.
Der Autor Adrian Lessdorf gibt in seinem 2021 erschienenen E-Book „Gelber Brief Was nun?“ (18 Euro) aus gelebter eigener Erfahrung den beherzten Rat: „Den Verwaltungsakt als solchen tangiert das eh nicht. Egal, ob Annahmeverweigerung oder Rücksendung: Sollten mit dem Brief irgendwelche Fristen in Gang gesetzt werden, schießen Sie sich selbst nur den Zeitrahmen weg, innerhalb welchem Sie noch etwas regeln können.“
Außerdem kann die Behörde einfach einen öffentliche Zustellung als Aushang und im Amtsblatt machen, dann kann jeder ihre persönliche Angelegenheit sehen.
Und den gelben Brief einfach in den Mülleimer werfen, bringt auch nichts.
Lessdorf: „Das Vertrackte ist nämlich, dass der Inhalt des Briefes auch bei einfachem Wegwerfen seine Wirkung nicht verliert.“
Was sollten Sie auf jeden Fall tun?
Genau den Vorwurf eingrenzen und genau die Paragraphen per Google aufschlagen und nachlesen, auf die sich der Schreiber des gelben Briefes bezieht. Nur darauf gehen Sie in Ihrer Anhörung oder Ihrem Widerspruch ein. So kurz wie möglich. Und völlig emotionsfrei. Keine Nebenbemerkungen.
Sachlichkeit ist die beste Chance auf Einstellung des Verfahrens. Ansonsten wird man Ihre Antwort mit Baukasten-Sätzen abbügeln, und das Verfahren verlängert sich.
Sie können gelbe Briefe auch wegen Formfehler zurückweisen
Adrian Lessdorf von Wissen macht frei fand unter anderem folgende Formfehler, mit denen Sie die gelben Briefe schon mal ohne inhaltliche Prüfung zurücksenden können:
Formfehler 1: Ein Urteil ist ungültig und damit auch einzuhaltende Fristen, wenn die Richterin oder der Richter nicht eigenhändig mit vollem Namen unterschreibt.
Formfehler 2: Das Ordnungswidrigkeitsgesetz, auf das sich viele Bußgelder berufen, hat gar keinen räumlichen Geltungsbereich in seinem § 5 Räumlicher Geltungsbereich definiert. Mit dieser Unbestimmtheit verstößt das Ordnungswidrigkeitsgesetz gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das hat festgestellt: „Jedermann muss, um sein eigenes Verhalten darauf einrichten zu können, in der Lage sein, den räumlichen Geltungsbereich einer Verordnung ohne weiteres feststellen zu können. Eine Verordnung, die hierüber Zweifel aufkommen lässt, ist unbestimmt und deshalb wegen Verstoßes gegen das Verbot der Rechtssicherheit ungültig.“ (BVerwGE 17, 192 = DVBI, 147).
Der im §2 genannte Sachliche Anwendungsbereich hat nichts mit dem § 5 Räumlicher Geltungsbereich zu tun. Das OwiG stammt aus dem Jahr 2007 und wurde bis heute nicht korrigiert. Man kann also einen gelben Brief mit Geldbuße, die sich auf das OwiG bezieht, einfach mit Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht als ungültigen Verwaltungsakt an den Absender zurücksenden. (FM)
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