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Schufa-Auskunft – Die Erste Kammer des Europäischen Gerichtshof verhandelt in der Rechtssache C-26/22 und C-64/22 – auf Vorlage des Verwaltungsgericht Wiesbaden (6 K 441/21.WI) in einem Verwaltungsstreitverfahren (gemäß Art. 267 AEUV) die Rechtmäßigkeit des Schufa-Score. Die erste mündliche Verhandlung zu diesen Anträgen fand am 26. Januar 2023 im Sitzungssaal IV des EUGH statt.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden dazu: „Die im Einzelnen zugrunde gelegten Merkmale als auch das mathematisch-statistische Verfahren werden von der SCHUFA nicht offengelegt. Diese beruft sich darauf, dass die Berechnungsmethoden unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fielen“.
Schufa-Auskunft – EUGH verhandelt Rechtmäßigkeit des Schufa-Score
Der Europäische Gerichtshof (EUGH) schreibt in der Mitteilung (*Auszug): „Ist eine Datenspeicherung bei einer privaten Wirtschaftsauskunftei, bei der personenbezogene Daten aus einem öffentlichen Register, wie den SCHUFA HOLDING „nationalen Datenbanken“ im Sinne des Art. 79 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABI. L 141/19 v. 5.6.2015), ohne konkreten Anlass gespeichert werden, um im Falle einer Anfrage eine Auskunft erteilen zu können, mit Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (GrCh – ABl. C 303 S. 1) vereinbar?
Schufa-Auskunft – mit der DSGVO vereinbar?
Die Zeitschrift Computerbild stellt eine der Kernfragen zu den beiden verhandelten Rechtssachen C-26/22 (PDF) und C-64/22 (PDF): „Sind automatisierte Verfahren zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit mit der DSGVO vereinbar? Laut Art. 22 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist es nicht erlaubt, dass Computer Entscheidungen über Menschen treffen, die beeinträchtigende Wirkungen haben“.
Rechtmäßigkeit des Schufa-Score
In seiner Begründung schreibt das Verwaltungsgericht Wiesbaden (*Auszug)
„Zum einen sei zu klären, ob die Tätigkeit von Wirtschaftsauskunfteien, Score-Werte über betroffene Personen zu erstellen und diese ohne weitergehende Empfehlung oder Bemerkung an Dritte (beispielsweise Banken) zu übermitteln, die dann unter maßgeblicher Einbeziehung dieses Score-Wertes mit der betroffenen Person vertragliche Beziehungen eingehen oder davon absehen, dem Anwendungsbereich des Art. 22 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) unterfällt. Falls ja, sei diese für Wirtschaftsauskunfteien maßgebliche Tätigkeit vom Verbot der automatisierten Einzelfallentscheidung erfasst. Dies hätte zur Folge, dass diese Tätigkeit nur nach den Ausnahmetatbeständen des Art. 22 Abs. 2 DS-GVO zulässig sei. Als diesbezügliche mitgliedsstaatliche Rechtsgrundlage käme nur § 31 BDSG in Betracht. Im Hinblick auf dessen Vereinbarkeit mit Art. 22 Abs. 1 DS-GVO bestünden aber durchgreifende Bedenken. Die SCHUFA würde dann rechtsgrundlos handeln, und die Klägerin habe zugleich einen Anspruch gegen den Datenschutzbeauftragten auf aufsichtsbehördliche (Weiter-)Befassung mit ihrem Fall“.
System von intransparenten Auskunfteien
Das Portal „inside-digital“ dazu: „Die Schufa und auch weitere Auskunfteien könnten verboten werden und müssten ihre Geschäftsmodelle grundlegend umkrempeln“. Rechtsanwalt Christian Solmecke: „Auf der Kippe steht nichts Geringeres als das gesamte System der intransparenten Auskunfteien – denn es könnte an der DSGVO scheitern“. Dazu informiert Rechtsanwalt Solmecke zum Thema: „Scheitert das System des Auskunfteien an DSGVO?„
DSGVO: Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine Verordnung der Europäischen Union, mit der die Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch die meisten Verantwortlichen, sowohl private wie öffentliche, EU-weit vereinheitlicht werden.
Ein weiteres Verfahren gegen die „Schufa“ wurde beim OLG Schleswig geführt (Urteil v. 2.7.2021 – Az. 17 U 15/21): „.. dass die Speicherung der Restschuldbefreiung durch die Schufa und andere Auskunfteien nur sechs Monate lang erfolgen darf“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Schufa hat gegen das Urteil des OLG Schleswig Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Schufa-Auskunft – Privatinsolvenzen
Die Anzahl von Privatinsolvenzen lag in Deutschland im Jahr 2018 bei knapp 89.000 Fällen. Die privaten Insolvenzen gingen anschließend zurück, im Jahr 2020 waren es nur noch knapp über 56.000 – das änderte sich im jahr 2021 – hier wurden bereits mehr als 109.000 Privatinsolvenzen gemeldet. Für 2022 liegen noch keine Ergebnisse vor. Am 01.10.2020 verkürzte die Bundesregierung mit der Änderung der Insolvenzordnung (InsO) die Wohlverhaltensperiode von 6 auf 3 Jahre. Auch müssen sich private Schuldner nach neuem Recht nicht mehr an die 35% Rückzahlungsquote halten, bevor sie die Privatinsolvenz erfolgreich abschließen können.
Wie wird der Schufa-Score berechnet
Das Portal Techbook schreibt zum Schufa-Score: „Für viele ist nicht klar, wie die Schufa den Score berechnet. Jetzt hat die Auskunftsdatei etwas Transparenz geschaffen und verrät, wie sich der Score zusammensetzt. Eine positive Schufa-Auskunft liegt bei einem Score-Wert ab 90-95 Prozent vor. Dann wird das Risiko eines Zahlungsausfalls als zufriedenstellend bis leicht erhöht gewertet. Scorewerte unter 90 Prozent werden von der Auskunftsdatei als negativ beschieden“.
Der Fachanwalt Dr. Max Greger – zu Frage: Steht die Schufa vor dem Aus?: „Wenn die Schufa oder andere Auskunfteien als nicht DSGVO-konform erklärt werden, müssten sie ihr Geschäftsmodell grundlegend ändern. Es wäre auch möglich, dass sie in ihrer Funktion eingeschränkt oder gar ganz verboten werden, was Auswirkungen auf das Kreditgeschäft und den Zugang zu Krediten für Verbraucher hätte. Es ist auch denkbar, dass Verbraucher Ansprüche auf Schadensersatz oder Unterlassung geltend machen, wenn sie Schäden durch falsche oder unzutreffende Informationen erleiden (Kreditwürdigkeit)“.
Hinweis: Alle Vollstreckungsbehörden, Steuerfahndung und Ermittlungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft) können auf die Daten der Schufa zugreifen. Die gesetzliche Grundlage dafür ist §93 der Abgabenordnung (AO), Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen.
Die Schufa verkürzt die Dauer ihrer Einträge bei Privatinsolvenzen
Vor dem Hintergrund laufender Gerichtsverfahren verkürzt die Schufa ab sofort die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate.