Vertragshilfe24 – Experte Sven Enger (59) aus Hamburg beantwortet die Frage: Hätte die pleite gegangene FWU Life Insurance S.A. mit Sitz in Luxemburg, die in Deutschland das Lebensversicherungsgeschäft betreibt, nicht von der Protektor Lebensversicherungs-AG in Berlin gerettet werden können? mit einem klaren „Nein“.

Sven Enger sagte gegenüber Business-Leaders.net: „Sie ist viel zu groß, um von Protektor gestützt zu werden. Zudem liegt die FWU Life Insurance Lux S.A. ohnehin außerhalb des Geltungsbereiches der Sicherungseinrichtung.“

Das Wichtigste in Kürze

  • FWU-Doppepleite: Im Juli 2024 gingen der deutsche Fondspolicen-Spezialist FWU AG und seine luxemburgische Tochter FWU Life Insurance Lux S.A. pleite.
  • Protektor nicht zuständig: Weil die bayerische Unternehmerfamilie um Dr. Manfred Josef Dirrheimer (72) die FWU Life Insurance Lux S.A. ins Ausland verlagerte, greift das deutsche Sicherungssystem Protektor Lebensversicherungs-AG nicht.
  • Eingefrorene Gelder: 285.000 Kunden, darunter Tausende Deutsche, kommen nicht mehr an ihr Geld.
  • Keine neuen FWU-Policen mehr: In Deutschland, Österreich und Luxemburg gibt es kein FWU-Neugeschäft mehr.
  • Vertragshilfe24 rät Verbrauchern zu hinterfragen, ob sich mit Lebensversicherungen drohende Altersarmut überhaupt zuverlässig verhindern lässt.

Vertragshilfe24 – Experte Sven Enger (59) aus Hamburg © Vertragshilfe24

FWU-Pleite: Protektor nicht zuständig und viel zu klein

Die Mannheimer Lebensversicherung AG musste 2003 vom 2001 gegründeten Berliner Sicherungsfonds der Lebensversicherer in Deutschland namens Protektor Lebensversicherungs-AG gerettet werden, wie Sven Enger auf SQUAREVEST.AG darlegte. Die Mannheimer Lebensversicherung AG geriet 2002 und 2003 durch Aktienspekulationen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Als Folge davon wurden rund 345.000 Verträge auf die Auffanggesellschaft Protektor übertragen und schließlich 2013 mit dem Continentale Versicherungsbund verschmolzen. Die erzielten Bruttobeiträge lagen im Geschäftsjahr 2022 bei 468,6 Millionen Euro.

Aber erstens gilt Protektor nur für in Deutschland lizenzierte Versicherungskonzerne. Und zweitens reicht die Kraft des Fonds nicht aus, um milliardenschwere Konzerne zu retten.

Denn die Verordnung über die Finanzierung des Sicherungsfonds für die Lebensversicherer legt gleich im § 1 fest: „Der Umfang dieses Sicherungsvermögens soll 1 Promille der Summe der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen aller dem Sicherungsfonds angeschlossenen Versicherungsunternehmen betragen.“ Das sind 74 Lebensversicherungsgesellschaften oder Niederlassungen in Deutschland und 2 deutsche Pensionskassen.

Die FWU-Gruppe bedient in Europa 285.000 Kunden mit 1,9 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen und einer Beitragssumme in Höhe von 9 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Das bilanzielle Nettovermögen von Protektor belief sich Ende 2022 auf rund 1,21 Milliarden Euro, wie Business-Leaders.net hier berichtete.

Vertragshilfe24 findet FWU-Pleite – „höchst bedenklich“

Erneute Insolvenz einer Lebensversicherung: Das sollten Versicherte wissen!

Sven Enger findet es „höchst bedenklich“, wenn ein Versicherer nicht mal mehr die eingezahlten Beitrage zurückzahlen kann und „noch viel bedenklicher“, dass vom Management der betroffenen bayerischen FWU-Gruppe aus Grünwald bei München offenbar keine gesetzlich vorgesehenen Gegenmaßnahmen ergriffen wurden, um eine Versicherungspleite zu vermeiden.

Diese Einschätzung gab Enger am 20. August 2024 gegenüber der Berliner Finanzjournalistin Carola Ferstl (56) auf ihrem YouTube-Kanal Money Talk. Die mit der N-TV-Telebörse bekanntgewordene Moderatorin unterbrach wegen der Brisanz der FWU-Pleite sogar ihren Sommerurlaub.

Sven Enger von Vertragshilfe24 weiß, wovon er spricht

Sven Enger hat 15 Jahre lang selbst Chefposten bei Lebensversicherungen bekleidet, unter anderem als Vorstand der Skandia Lebensversicherung AG in Berlin und als Deutschland-CEO des schottischen Lebensversicherers Standard Live in Edinburgh.

Die Folgen der Pleite eines mittelgroßen Fondspolicen-Versicherers wie der FWU-Gruppe sind enorm.

Vertragshilfe 24 – FWU Lux erhielt diesen Auszahlungsstopp

Sven Enger hat auf Business-Leaders.net noch im Frühjahr 2024 gewarnt, dass Finanzaufsichten für kapitalbildende Lebensversicherungen die vereinbarten Versicherungsleistungen oder Rückkaufswerte verbieten können und der Kunde die vereinbarten Monatsbeiträge dabei in der bisherigen Höhe weiterzahlen müsse.

Vertragshilfe24 Lebensversicherungen jetzt prüfen: Droht ein Auszahlungsstopp?

Dieser Fall ist nun im Sommer 2024 bei der Münchener FWU-Gruppe eingetreten.

Vertragshilfe24 – Was heißt das konkret für die Kunden?

Sven Enger beantwortet die Frage so: „Wir haben hier die Situation, dass hier analog der Paragraph 314 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gezogen worden ist. Das bedeutet, die Versicherungsgesellschaft ist gehalten, keinerlei Auszahlungen vorzunehmen in Richtung des Kunden. Und in besonderen Fällen ist es dann auch umkehrt so, dass der Kunde aufgefordert ist, nichtsdestotrotz seine Beiträge zu leisten. Also in dem Sinne eine doppelte Bestrafung.“

Sven Enger weiter: „Und nur, um die Dramaturgie ein bisschen klarzumachen: Hast du eine Finanzierung am Laufen oder eine Hausfinanzierung abgeschlossen, und du möchtest jetzt tilgen, bekommst du dein Geld nicht. Und das hat natürlich in der Konsequenz für die Kunden dramatische Folgen.“

FWU-Gruppe verkaufte Fondspolicen

Julia Wiens (54) © Pressedownload BaFin/Matthias Sandmann

Julia Wiens (54), BaFin-Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht fragte die Versicherungsbosse am 27. August 2024 in Düsseldorf: „Würden Sie solche Produkte guten Freunden empfehlen?“

 

Fondspolicen – das sind genau die Produkte, die am 27. August 2024 auf dem Handelsblatt Strategiemeeting Lebensversicherung in Düsseldorf von der neuen BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens (54) aus Hamburg als zu teuer kritisiert wurden, dem „kein angemessener Kundennutzen“ gegenübersteht, wie SQUAREVEST.AG berichtete.

FWU-Gruppe – Struktur

Dr. Manfred Josef Dirrheimer (72) aus München, Vorstandsvorsitzender der FWU AG in Grünwald bei München © Pressedownload FWU AG 2012

Das Münchener Unternehmerpaar Dr. Manfred Josef Dirrheimer (CEO der FWU AG) und Dr. Angela Dirrheimer (71) sowie Sohn Alexander Friedrich Dirrheimer (33, Vize-CEO der FWU AG für Vertrieb, Marketing und Recht) aus dem bayerischen Geiselgasteig verkauften über ihren 1983 gegründeten Familienvertrieb FWU-Gruppe aus Grünwald fast ausschließlich fondsgebundene Lebensversicherungen, konnten aber offenbar ihre Beitragserhalt-Garantie-Versprechen für Altverträge nicht halten und legten im Juli 2024 eine Doppel-Pleite der FWU AG und ihrer luxemburgischen Tochter hin, so dass nun knapp 285.00o FWU-Kunden an 10 Standorten in Europa, darunter Tausende in Deutschland, nicht mehr an ihr Geld kommen, weil sie von der Finanzaufsicht eingefroren wurden.

An der FWU-Gruppe ist die Swiss RE Germany GmbH aus München beteiligt, die seit 1. Juli 2024 vom deutschen Manager Andreas Berger (58) aus Zürich (hat in Gießen Recht und Management studiert) als Group CEO geleitet wird.

Der Rest gehört Dr. Manfred Josef Dirrheimer und seiner Familie.

Die FWU-Gruppe beschäftigt 420 Mitarbeiter an zehn europäischen Standorten.

Produktgeber für die fondsgebundenen Lebensversicherungen sind die Tochterunternehmen.

  • FWU Life Insurance Lux S.A. im luxemburgischen Hesperingen (bis Ende 2018 bekannt als ATLANTICLUX Lebensversicherung S.A.), bei der Alexander Dirrheimer seit Juni 2021 Director Commercial Operations ist, und
  • FWU Life Insurance Austria AG (bis 2015 Skandia AG), bei der FWU-Vertriebsboss Alexander Dirrheimer seit April 2021 im Aufsichtsrat sitzt.

Diese beiden Versicherer betreiben laut der deutschen Finanzaufsicht BaFin in Deutschland das Lebensversicherungsgeschäft.

FWU-Pleite – Ursache

Die Krise begann 2024 beim mittelgroßen Lebensversicherer FWU Life Insurance Lux S.A. in Luxemburg.

Der Fachanwalt für Versicherungsrecht Jens Reime aus Bautzen in Sachsen schätzte dazu am 1. August 2024 ein: „Die Insolvenz resultiert aus der Unfähigkeit der FWU Lux, die Solvenzanforderungen nach Solvency II zu erfüllen.“

Was ist Solvency II?

Am 1. Januar 2016 ist das europäische Aufsichtsregime Solvency II vollständig in Kraft getreten. Die Solvency II-Richtlinie (Richtlinie 2009/138/EG) führt weiterentwickelte Solvabilitätsanforderungen für Versicherer ein, denen eine ganzheitliche Risikobetrachtung zugrunde liegt, und stellt neue Bewertungsvorschriften hinsichtlich Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auf, die künftig mit Marktwerten anzusetzen sind.

Den Kern von Solvency II bildet eine risikobasierte Eigenmittelausstattung.

Bei den Kapitalanforderungen wird zwischen Mindestkapital und Solvenzkapital unterschieden. Das Mindestkapital stellt eine absolute Untergrenze dar. Die Mindestkapitalanforderung ist das Eigenmittelniveau, unterhalb dessen die Interessen der Versicherungsnehmer ernsthaft gefährdet wären, falls das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit fortsetzen dürfte. Es stellt die letzte aufsichtsrechtliche Eingriffsschwelle dar, bevor dem Unternehmen die Zulassung entzogen wird.

Das Solvenzkapital wird entweder mithilfe einer modular aufgebauten Standardformel oder unter Verwendung eines internen Modells berechnet. Der Solvabilitätskapitalanforderung sollen in gleicher Höhe anrechnungsfähige Eigenmittel gegenüberstehen, die den Versicherern die Möglichkeit geben, hohe unerwartete Verluste auszugleichen, und den Versicherten und Begünstigten hinreichende Gewähr dafür bieten, dass bei Fälligkeit Zahlungen geleistet werden.

Die Süddeutsche Zeitung rekonstruierte am 25. Juli 2024: „Offenbar reichten ihre Mittel nicht aus, um die Forderungen der Luxemburger Versicherungsaufsicht CAA nach einer finanziellen Besserstellung von Kunden mit Altverträgen zu erfüllen. Dabei ging es um Beitragserhalt-Garantien, die der Versicherer seinerzeit gegeben hatte. Es stellte sich heraus, dass er damit überfordert war. Wegen der finanziellen Belastung aus den Altverträgen hatte die FWU Lux nicht mehr genügend Eigenkapital.

Ausgestellt haben die Policen die beiden FWU-Versicherer in Luxemburg und Wien. Vertrieben wurden sie größtenteils über andere Tochtergesellschaften der FWU-Gruppe gegen Provision. Die Gruppe organisierte auch die Kapitalanlage und die IT.

Dr. Manfred Josef Dirrheimer sagte: „Die aktuelle Situation ist eine große Herausforderung. Angesichts der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer wesentlichen Beteiligungen und den daraus entstandenen Folgen für die FWU AG, war ein Insolvenzantrag nicht abzuwenden.“

Dr. Dirrheimer weiter: „Es geht jetzt darum, das vorläufige Insolvenzverfahren zu nutzen, um im Interesse der Kunden und Mitarbeiter der FWU AG, FWU Life Lux, FWU Invest und FWU Life Austria den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und alle Optionen zu prüfen.“

Sind Kundengelder und Firmengelder nicht getrennt?

Uwe-Matthias Müller (links) und Sven Enger (rechts)

Uwe-Matthias Müller (68) aus Todtenweis in Bayern, DTalk-Moderater der DNEWS24.eu aus Augsburg, langjähriger geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes Initiative 50Plus Europa e.V. aus Salzweg-Straßkirchen in Bayern, und Sven Enger (59) aus Hamburg, Versicherungsexperte von Vertragshilfe24 © Pressedownload BVI50PLUS 2017 und auxinum GmbH, Berlin.

Der bayerische Moderator Uwe-Matthias Müller (68) aus Todtenweis fragte Sven Enger auf dem YouTube-Kanal DTalk der DNEWS24.eu aus Augsburg vor einem Monat: „Wir haben doch, so ist mein Kenntnisstand, eine Trennung zwischen der Firma, also der Lebensversicherungsgesellschaft, einerseits und dem Versicherungsbestand auf der anderen Seite. Was der Versicherungskonzern macht, das Management macht, ob die dicke Autos fahren, dicke Zigarren rauchen oder sonst irgendwelches Geld verbraten, ist ja das eine.

Aber auf der anderen Seite ist doch die Versichertengemeinschaft eigentlich ein getrennter Topf. Und wenn die Firma pleitegeht, müsste es doch den Topf weitergeben. Da könnte man doch sagen: Das ist ja separat, und das teilen wir jetzt unter allen Versicherungsnehmern auf. Und da kann ja keine Verpflichtung bestehen, das Unternehmen weiter zu finanzieren durch Einzahlungen. Ist mein Verständnis.“

Sven Enger, Vertragshilfe24: „Es sind zwei Punkte, die man dabei berücksichtigen muss, wie praktisch eine Verbindung zwischen beidem entsteht.

Das eine ist die Situation der Kosten. Also die Kosten, die für die Verwaltung eines Vertrages auflaufen. Die beträchtlich sein können in Bezug bei dem einzelnen auf den Monatsbeitrag. Da bin ich abhängig als Versichertengemeinschaft. Inwieweit bin ich davon betroffen? Das ist das erste Thema. Was sich unmittelbar auf die Versicherungsleistung, aber auch auf die Situation auswirkt.

Und das, was ich sagte, man weiß ja noch nicht hundertprozentig, warum ist die FWU hier in die Insolvenz gegangen. Man vermutet ja, dass sie Garantiezusagen gegeben hat, die sie am Ende nicht einhalten konnte. Das bedeutet, die Versichertengemeinschaft in ihrer Gesamtheit hat eine Garantie bekommen, was sie im Anschluss ausgezahlt bekommt und in welcher Höhe. Und dieses Kapital, was das Unternehmen benötigt, um es auszuzahlen, war einfach nicht mehr da.“

Deutsche FWU AG-Pleite hat keinen Einfluss auf Kundengelder

Der vorläufige Insolvenzverwalter des deutschen Mutterkonzerns FWU AG, Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH, erklärt in seiner Pressemitteilung vom 19. August 2024: „Die bestehenden Einlagen der Kunden sind gesichert und von dem Insolvenzverfahren der Muttergesellschaft nicht unmittelbar betroffen.“

Rechtsanwalt Willrodt weiter: „Die Stellungnahme der CAA (luxemburgische Finanzaufsicht – Anmerkung der Redaktion) zur Insolvenz bezieht sich auf die Solvenzkapitalanforderung und nicht auf den Unternehmensstatus der FWU Life Insurance Lux S.A. selbst. Die Gesellschaft arbeitet an einem Finanzplan zur Wiederherstellung der angestrebten Solvabilität. Am 2. August 2024 wurde ein Aufsichtskommissar (commissaire de surveillance) eingesetzt, der die Verwaltung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der FLL (FWU Life Insurance Lux S.A. – Anmerkung der Redaktion) überwacht.“

FWU-Gruppe – Chronologie der Pleite

1. Neugeschäfts-Verbot durch Luxemburger Aufsicht CAA: Bereits am 3. Juli 2024 hatte die CAA der Luxemburger Gesellschaft das Neugeschäft untersagt. Damit fielen für die Muttergesellschaft die Einnahmen aus Provisionen und anderen Dienstleistungen weg. Dies war der Hauptgrund für die folgende Insolvenz in Grünwald.

2. FWU AG pleite: Am 19. Juli 2024 meldete die Muttergesellschaft der Gruppe, die FWU AG, beim Amtsgericht München die vorläufige Insolvenz an, welches Ivo-Meinert Willrodt aus München zum vorläufigen Insolvenzverwalter berief (Aktenzeichen: AG München 1500 IN 10461/24). Am selben Tag erklärte auch die Luxemburger Tochter FWU Life Insurance Lux S.A., dass sie die Mindestkapitalanforderungen nicht mehr erfüllen könne.

3. FWU Life Insurance Lux S.A. pleite: Vier Tage später, am 23. Juli 2024, meldete die FWU Life Insurance Lux S.A. in Luxemburg Insolvenz an.

4. CAA erlässt Auszahlungsstopp an Kunden: Noch am selben Tag, dem 23. Juli 2024, verhängten die Luxemburger Aufseher der CAA, die die Oberaufsicht über die gesamte FWU-Gruppe innehat, ein Auszahlungsverbot, aktuell kommt kein Kunde an sein Geld. Davon sind auch Tausende Versicherte in Deutschland betroffen. Grund hierfür sei die unzureichende Solvabilität des Unternehmens.

Was ist Solvabilität?

Unter Solvabilität versteht man im Versicherungswesen die Ausstattung eines Versicherers mit Eigenmitteln, also freiem, unbelastetem Vermögen.

Das Versicherungsunternehmen müsse innerhalb eines Vierteljahres einen kurzfristigen, realistischen Finanzierungsplan zur Genehmigung durch das CAA vorlegen. Infrage käme der Verkauf der nicht insolventen österreichischen FWU-Tochter, doch so etwas geht nicht so schnell.

Wird das Finanzloch nicht gestopft, kann die CAA dem Versicherer die Lizenz gänzlich entziehen. Dann müsste die FWU Lux liquidiert werden, was noch nicht der Fall ist.

5. Österreich verhängt Neugeschäfts-Stopp für FWU Austria: Am 24. Juli 2024 ordnete die österreichische Finanzaufsicht FMA in Wien gegenüber der österreichischen Tochter FWU Life Insurance Austria AG („FWU Austria“) an: „Bis auf weiteres wird die FWU Austria kein Neugeschäft eingehen.“

6. FWU Takaful GmbH pleite: Am 8. August 2024 meldete die deutsche Konzerntochter FWU Takaful GmbH aus Grünwald die vorläufige Insolvenz an (Amtsgericht München, Aktenzeichen 1500 IN 10462/24). Vorläufige Insolvenzverwalterin ist Marlene Scheinert aus München. Geschäftsführer ist seit 2010 Dr. Manfred Josef Dirrheimer, Geschäftsführerin war zugleich von 2011 bis 2022 Dr. Angela Dirrheimer und Geschäftsführer ist zugleich seit Mai 2023 Alexander Friedrich Dirrheimer. Die FWU-Gruppe entwickelte 2006 eine Takaful Fondspolice, also eine Shari‘ah-konforme Fondspolice nach dem islamischen Banking.

Sven Enger, Vertragshilfe24 ordnet die FWU-Pleite ein

Sven Enger und Finanzjournalistin Carola Ferstl (56) © auxinum GmbH, Berlin und Vertragshilfe24

 

Vertragshilfe24 – Experte Sven Enger sagte der Moderatorin Carola Ferstl in ihrem Money Talk aus Berlin am 20. August 2024: „Die Süddeutsche Zeitung hat darüber berichtet, dass es sein kann, dass Garantieversprechen gegeben worden sind, die jetzt nicht mehr eingehalten werden können.

Das ist natürlich höchst bedenklich, wenn Garantieversprechen, die bei einer Fondspolice in erster Linie darauf hinauslaufen, dass du eine Beitragsgarantie, also sprich das, was du eingezahlt hast, mal mindestens herausbekommst. Das ist natürlich höchst bedenklich, wenn eine Versicherungsgesellschaft nicht mal mehr das einhalten kann.

Was aber noch viel bedenklicher ist, ist dann im nächsten Schritt, dass die Situation dergestalt ist, dass es mittlerweile durchaus möglich ist für einen Versicherer, mit Hilfe der Gesetzgebung, wie sie im VVG (Versicherungsvertragsgesetz) und VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) festgehalten ist, diverse Maßnahmen einzuleiten und genau diesen Zustand zu verhindern. Dass dieser Zustand nicht verhindert wurde, spricht seitens und in Richtung der Management-Bände.“

Vertragshilfe24: Kann die Luxemburger Pleite auch in Deutschland passieren?

Sven Enger sagte im Money Talk auf YouTube: „Natürlich, wir haben analog genau in unseren Gesetzgebungen im Versicherungsaufsichtsgesetz und im Versicherungsvertragsgesetz exakt genauso, wie in Europa üblich, diese Regelungen, dass die Versicherungen und die Versichertengemeinschaft zwar auf der einen Seite vor der Insolvenz geschützt werden sollen, aber die Versicherten auf der anderen Seite unmittelbar in die Situation geraten, dass sie dann ihre Auszahlung nicht bekommen, dass sie Einzahlungen leisten müssen ohne Gegenwert. Oder dass sie ein Sonderkündigungsrecht verlieren (nach Paragraph 222 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, wie Gegenargumente.org berichtete – Anmerkung der Redaktion). All diese Möglichkeiten gibt die Gesetzgebung her. Und es ist nicht so unwahrscheinlich, dass diese Möglichkeiten in Deutschland gezogen werden, wie zum Beispiel ja mal die Mannheimer Lebensversicherung AG-Pleite gezeigt hat.“

Sven Enger, Vertragshilfe24 – Was hätte ein Versicherungskonzern tun müssen?

Money Talkerin Carola Ferstl fragte nun Sven Enger: „Wie schätzt du das Risiko für den deutschen Markt ein?“

Sven Enger, Vertragshilfe24: „Es ist ja am Ende dieselbe Situation, die wir überall haben. Konkret geht es darum: Sind die Versicherer in der Vergangenheit in der Lage gewesen, ihre Zusagen einzuhalten, die sie nur einhalten können, wenn sie entsprechend Anlagen im Finanzmarkt tätigen können? Und wir haben nun mal eine Periode hinter uns, in der dies nicht möglich war.

Und die Möglichkeit, jetzt wieder gut anzulegen, bedeutet nicht automatisch, dass dem Kunden das zugeschrieben wird, sondern die Versicherer haben natürlich über 5, 10, 20 bis 30 Jahre das Geld angelegt. Das heißt, sie schleppen diese festverzinslichen Papiere über die nächsten Jahre auch noch mit.

Das heißt, du musst im Management eine gute Anlagestrategie fahren und gleichzeitig das Portfolio nutzen, das dir das Gesetz gibt:

  • Zum Beispiel, indem du Ablaufleistungen kürzt,
  • zum Beispiel, indem du Beiträge erhöhst,

damit du die Versichertengemeinschaft beschützt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das bei uns in Deutschland passiert, ist mindestens mal 50/50.“

Sven Enger, Vertragshilfe24: „Immerwährendes Perpetuum mobile“ der Versicherer

Carola Ferstl: „Und wo siehst du da Risiken? Oder gibt es da erste Anzeichen?

Sven Enger, Vertragshilfe24: „Na ja, die Situation, die wir haben, ist, dass tatsächlich viele Versicherer zwar proklamiert haben, dass sie in 2024/2025 hoffen, dass die Neugeschäftssituation sich verbessert, weil sie eben auch die Anlagesituation sehen, die sich wieder verbessert hat. Nur, jetzt muss man gucken: Es haben sich viele Versicherer in der letzten Zeit aus den Lebensversicherungen zurückgezogen, weil sich die Tarife nicht mehr rechnen.

Jetzt steigen mehr und mehr Versicherer wieder in diese Lebensversicherungsverträge ein, um wieder Neugeschäft, sprich frisches Kapital, zu bekommen, um altes Kapital, was sie auszahlen, sich leisten zu können im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist ein immerwährendes Perpetuum mobile.“

Fazit: Immer die Frage stellen – Kann ich mit der Anlageform meine Altersarmut verhindern?

Sven Enger (59) aus Hamburg veröffentlichte 2019 sein Buch: Alt, arm und abgezockt © Vertragshilfe24

Carola Ferstl: „Was ist denn, wenn wir das alles betrachten, das Fazit aus den aktuellen Ereignissen? Was würdest du Versicherten, was würdest du Besitzern von Lebensversicherungen raten?

Sven Enger, Vertragshilfe24: „Also ich würde zum einen, wie ich es ja in meinem Buch beschrieben habe und mir wirklich gut überlegt habe, immer als Kunde die Frage stellen: Bin ich tatsächlich mit der Anlageform, die ich gewählt habe, so gut aufgestellt, dass ich für mich persönlich die Altersarmut verhindern kann? Das ist das große Procedere obendrüber.“

2019 erschien im Econ Verlag, Berlin sein 288 Seiten umfassendes Buch „Alt, arm und abgezockt. Der Crash der privaten Altersvorsorge und wie Sie sich darauf vorbereiten können“ (18 Euro).

Sven Enger weiter: „Und das bedeutet in der Konsequenz: Es kann durchaus sein, dass es Sinn macht, meinen Vertrag in irgendeiner Form nicht weiterzuführen. Stattdessen eine andere Anlageform zu wählen.

Und diesbezüglich haben wir halt eine Initiative gegründet, bei der man sich auf Vertragshilfe24 konkret informieren kann, welche Möglichkeiten ich habe, meinen Vertrag zu überprüfen. Und zu schauen, was die beste Möglichkeit ist, diesen Vertrag abzuwickeln.

Vertragshilfe24 – Noch mehr Hintergrund zu Lebensversicherungen

Im Interview mit Business-Leaders.net gibt Sven Enger Einblicke, wie der ursprünglich tolle Solidargedanke in den Lebensversicherungen mit Renditeversprechen verwässert wird. Das Interview finden Sie hier. (Mit-Autor: Frank Maiwald)