Business-Leaders
40 Jahre lang war der Hamburger Diplom-Kaufmann Christian Völkers (66) „nur“ der Makler der Superreichen.
Ein Deal, der am 6. Dezember 2021 die alte Engel & Völkers AG in eine neue Engel & Völkers GmbH an selber Stelle im riesigen weißen Turm in der Hamburger Hafencity verwandelte, machte ihn nun selbst zu einem Superreichen.
Der Londoner Finanzinvestor Permira übernahm nun die Mehrheit an der Handelsplattform „Engel & Völkers“, wie Permira mitteilte und Business Leaders berichtete.
Die Familie Völkers und ein Teil der Geschäftsleitung behalten dabei knapp 40 Prozent der Anteile. Da das Unternehmen in Finanzkreisen mit etwa 700 Millionen Euro bewertet wird, dürfte vor allem einer an dem Deal gut verdient haben: Mitgründer Christian Völkers. Laut Konzernabschluss für das Jahr 2019 gehörten dem Hauptgesellschafter insgesamt etwa 45 Prozent der Anteile, von denen er wohl einige an Permira verkauft haben dürfte. Vermutlich wird er rund 100 Millionen Euro durch den Deal seines Lebens erlöst haben, meldete der Berliner Business Insider, ein Unternehmen der Axel Springer SE.
Völkers behält die Chefaufsicht als Vorsitzender des Beirats, in dem auch Dr. Jörg Rockenhäuser, Geschäftsführender Partner DACH von Permira, und Permira-Principal David Brückmann sitzen.
Sven Odia (44) aus Hamburg bleibt CEO.
Christian Völkers – ein Aufstieg mit Höhen und Tiefen
Das Londoner Magazin POLO & Lifestyle frage Völkers: „Sie sind seit vielen Jahren in der Immobilienbranche tätig, wie war Ihr Anfang, wollten Sie schon immer Immobilienmakler werden?“
Christian Völkers: „Ich habe bereits während meines Studiums der Betriebswirtschaftslehre Ende der 1970er Jahre mit der Vermittlung von Immobilien begonnen. Meine Freunde konnten mich damals nicht verstehen, denn alle anderen wollten etwas mit Computern oder Unternehmensberatung machen. Immobilienmakler hatten einen noch schlechteren Ruf als heute. Aber ich sah eine Chance, das Dienstleistungsangebot neu zu gestalten und zu entstauben. Ich wollte den Schwerpunkt von der Immobilie auf den Kunden verlagern.“
Angefangen hat alles 1981 in Hamburg Blankenese. Da hatte Christian Völkers sein BWL-Studium an der Universität zu Hamburg abgeschlossen und war 26 Jahre alt.
In einer Villa an der traditionellen Elbchaussee 414 gründete er mit seinem Jugendfreund Dirk Engel ein gemeinsames Maklerbüro. Engel hatte schon seit 1977 mit seiner Engel & Cie. als Exklusivvertreter eines US-Maklerunternehmens von der Hamburger Innenstadt aus Immobilien an deutsche Investoren verkauft.
Die Fassade der Elbchaussee-Villa ist bis heute fester Bestandteil des ikonischen Markenlogos von Engel & Völkers.
Christian Völkers war schon in der Anfangszeit der Stratege, Engel der Außendienstler, schreibt die „Wirtschaftswoche“ 2019 in einem Porträt.
Das Geschäft lief gut, bis 1986 die erste Zäsur folgte:
Völkers Freund und Geschäftspartner Dirk Engel nahm sich mit nur 33 Jahren das Leben. Er litt an einer schweren Depression. „Wir rechneten unbewusst damit, dass es bei Dirk passieren würde“, sagte Völkers 2019 in einem Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“.
Geburt der Benimm-Fibel
An der Tragödie setzt aber auch die Genie-Erzählung ein: Völkers zog sich nach dem Tod des Jugendfreundes in das Ferienhaus seiner Eltern auf Mallorca zurück und schrieb eine 300seitige Fibel. Detailliert legt die das äußere Erscheinungsbild der Firma fest, von den beiden Buchsbäumen vor jeder Filiale über das Äußere bis zum Alter der Angestellten. „Die Telefonistin sollte nicht zu jung sein – ideal ist ein Alter zwischen 30 und 50 Jahren“, heißt es in dem Büchlein laut „Wirtschaftswoche“ beispielsweise.
Und auch das, was Völkers bei der Wirtschaftszeitung später als „Fünf-Sterne-Betreuung“ bezeichnet, ist darin bereits angelegt: Mitarbeiter hätten beispielsweise aufzustehen, wenn ein Kunde eintritt. Und eine Wohnungsbesichtigung sollte nicht im Keller, sondern im Wohnzimmer enden, wo der Kunde auch mindestens einmal Platz genommen haben sollte, paraphrasiert es das „Private Banking Magazin“.
Anfangs erhielt jeder Mitarbeiter ein Exemplar der Benimmregeln, ab 1996 besuchen sie eine unternehmenseigene Immobilienakademie, die auch der heutige CEO Sven Odia durchlaufen habe.
Einer der wichtigsten Tipps in Völkers Fibel: nicht mit einem zu teuren Auto zu den Kunden fahren
Als Beispiel: „Wenn der Handwerker mit einem schnieke polierten Mercedes vorfährt, hat jeder Kunde das Gefühl, dass er zu viel Geld bezahlt“, so der Immobilien-Millionär. Selbst kümmert sich Völkers nur noch selten um den Verkauf seiner Objekte. Früher war das noch anders. Sein erstes Haus „gehörte einem Steuerberater, mit dem wir geschäftlich zu tun hatten.“ Von da an hat der BWL-Studierte viel gelernt. „Das Geschäft funktioniert nur gut, wenn man seinen Markt gut kennt. 2000 Haushalte pro Immobilienberater, das ist auch heute die maximale Größenordnung.“
Kontakte gehören dabei zum A und O:
„Natürlich kann man nicht mit allen sprechen. Bei der Eröffnung eines Büros in Kampen auf Sylt muss man nicht jedes Restaurant kennen. Aber mit dem Wirt des Toprestaurants am Platz sollte man sich gut stellen und ihm sagen: ‚Wenn du was hörst, gib mir Bescheid’“, so Völkers.
Zu der Rolle seines Unternehmens im aktuellen Wohnungsmangel aufgrund steigender Preise hat der 66-Jährige auch eine passende Antwort parat: „Als Mittler zwischen dem Käufer und Verkäufer führen wir Angebot und Nachfrage zusammen. Und derzeit ist die Nachfrage weitaus höher als das Angebot. Damit die Preise sinken, müsste mehr gebaut werden.“
Erst nach dem Tod seines Geschäftspartners eröffnete Völkers ein zweites Büro
Heute würde Völkers Engel als Freund vermissen, sagte er in dem Interview weiter. „Allerdings nicht als Geschäftspartner.“ Die Kumpels hätten schon damals eine andere Unternehmensauffassung gehabt. „Er wollte nie groß werden, ihm gefiel diese Kleinheit im Vorort. Deshalb haben wir bis zu seinem Tod nie ein zweites Büro aufgemacht“, sagte der Unternehmer dem Blatt.
Was war der erste Durchbruch?
Völkers: „Der erste Durchbruch war, über die Grenzen Hamburgs hinaus aktiv zu werden. In Deutschland eröffneten wir zunächst in München, unsere erste Dependance im Ausland war 1990 auf Mallorca. Schon 2002 hatten wir mehr als 35 Büros im Ausland. Vielleicht nicht der erste, aber sicherlich der größte Durchbruch war 1998 die Einführung des Lizenzsystems und seit 1995 der Aufbau der Immobilien-Shops.“
Mit Eröffnung der weiteren Büros fing das Geschäft nun an zu florieren. In einem Interview mit der Wirtschaftszeitung „Capital“ verriet Völkers 2017, wann er die erste Million hatte.
„Gefühlt, als wir zehn Büros hatten, die alle profitabel waren“, so der heute 66-Jährige. „Da hätten wir aufhören können zu wachsen und mit dem Geld ein luxuriöses Leben führen.“ Er habe jedoch nie so funktioniert, dass er bei hohen Verdiensten sofort einkaufen geht. „Wir haben immer fast alles reinvestiert.“
Zweite Zäsur – geplatzter Börsengang um die Jahrhundertwende
Völkers entwickelte ein Immobilienunternehmen, das die Branche von Grund auf veränderte. 1998 wird die Marke dann zum weltweiten Franchise-Unternehmen. Vom Courtageumsatz müssen sie 12,5 Prozent an Engel & Völkers abgeben, sagte Odia dem „Private Banking Magazin“.
Mit der Einführung des Franchise-Systems, der Realisierung innovativer Marketingkonzepte sowie der kontinuierlichen Expansion in international begehrte Erst- und Zweitwohnsitzmärkte bricht Engel & Völkers mit bis dahin üblichen Maklerpraktiken und entwickelte sich zu einer weltweit erfolgreichen Luxusmarke.
Nachdem um die Jahrtausendwende jedoch ein geplanter Börsengang der 1999 gegründeten Engel & Völkers AG geplatzt war, ging die Firma beinahe pleite. Nach diesem Einschnitt begann „Engel & Völkers“ ab 2007 auch Luxusyachten zu vermitteln und ab 2015 Privatjets. Seit einiger Zeit hat Engel & Völkers auch gehobene Coworking-Spaces im Portfolio.
Außerdem bietet Engel & Völkers zusätzlich über den Berliner Lizenzpartner Dr. Kyros Alexander Khadjavi (45) den Immobilien-Kunden noch ein Engel & Völkers-Bankkonto an: E&V Smart Money, wie Business Leaders ebenfalls berichtete.
Privatleben des Luxusmaklers: Zwei Kinder, 500 Jahre alte Finca auf Mallorca
Auch privat ging es für Christian Völkers zu Beginn der 2000er turbulent zu. Ihm wurde eine Affäre mit Supermodel Claudia Schiffer nachgesagt (51, drei Kinder – 18, 16, 11, seit 2002 mit dem britischen Filmproduzenten Matthew Vaughn, 49, verheiratet, wohnt in einem denkmalgeschützten Landhaus in Coldham Hall nordöstlich von London in der englischen Grafschaft Suffolk).
Als die Zeitung Capital ihn 2017 auf die mutmaßliche Affäre ansprach, entgegnete Völkers knapp: „Was ich tue, tue ich sehr intensiv, geschäftlich wie privat.“
Heute ist der 66-Jährige mit der Juristin Ninon Völkers verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder, Sohn Oscar kam 2005 zur Welt, Tochter Teresa drei Jahre später. Die Familie lebt teils in Hamburg, teils auf Mallorca. Dort, in der Nähe des kleinen Örtchens Valldemossa, hat Völkers vor 33 Jahren eine 500 Jahre alte Finca erworben und sie über die Jahre „mit Freunden und meiner Familie angepasst an unsere Bedürfnisse saniert“, das sagte er dem Nachrichtenmagazin „Focus“ 2016. Heutiger Wert: zwischen 40 und 50 Millionen Euro.
Hier baut Völkers auf einem über vier Hektar großen Weinberg selbst Wein an. Hat einen Pool, der in einen Felsen eingebaut wurde. Und unterhält Schafe, Esel, Hunde, Kaninchen und Polo-Pferde. Plus eigenem Polo-Feld. Immer wieder richtet er hier auch Turniere aus – für Freunde und gute Geschäftskunden. „Ich begeistere mich für diesen Sport. Große Autos und Yachten interessieren mich nicht“, so Völkers 2009 zur „Welt“.
POLO & Lifestyle fragte Völkers: „Reden wir über Polo, eine Ihrer Leidenschaften. Wie haben Sie mit Polo angefangen?“
Christian Völkers: „Ich wurde vor mehr als 20 Jahren durch einen guten Freund mit dem Polosport bekannt gemacht. Er fragte mich, ob ich Interesse daran hätte, es auszuprobieren. Genau das habe ich getan, und es wurde sofort zu einer großen Leidenschaft von mir. Polo ist mein Lieblingssport und mein schönstes Hobby… Außerdem versuche ich, am frühen Morgen Polo zu spielen, bevor ich in unser Büro in Hamburg fahre.“
POLO & Lifestyle: „Was gefällt Ihnen am Polosport?“
Christian Völkers: „Zum einen die Tatsache, dass Polo ein Mannschaftssport ist und strategisch sehr anspruchsvoll, wenn man auf hohem Niveau spielen will. Ein weiterer Aspekt, der mir viel Freude bereitet, ist die enge Verbundenheit zwischen dem Sport und den Tieren. Ich sehe viele Parallelen zwischen dem Spiel und der Art und Weise, wie wir Geschäfte machen: Schnelligkeit und Beweglichkeit, perfekte Zusammenarbeit, vorausschauendes Handeln, Präzision und Zuverlässigkeit. All das ist der Schlüssel zum Erfolg, sowohl auf dem Polofeld als auch in der Immobilienbranche. Die Förderung des Sports liegt mir sehr am Herzen und ich habe mir 2014 mit der Gründung der Engel & Völkers + Land Rover Polo School einen lang gehegten Wunsch erfüllt.“
POLO & Lifestyle: „Wie viele Polopferde haben Sie?“
Christian Völkers: „Ich besitze 22 Polopferde.“
POLO & Lifestyle: „Wo können unsere Leser Ihre Poloschulen finden?“
Christian Völkers: „Wir bieten Polokurse an insgesamt sieben Standorten an: Hamburg, Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, München, Mallorca und Argentinien.“
Mallorca – keine Nachbarn
Die Pariser Tageszeitung Le Figaro immobilier fragte Völkers im Juni 2019: „Sie verbringen mehrere Monate im Jahr auf Mallorca. Warum ausgerechnet auf Mallorca und nicht an einem anderen sonnigen Ort?“
Christian Völkers: „Ich verbringe drei Monate im Jahr auf der Finca, die ich im Nordwesten Mallorcas renoviert habe. Ich bin nicht objektiv, aber für mich ist es einer der schönsten Orte der Welt, ein Ort mit einer Geschichte. Die Insel ist sehr gut erschlossen und man kann sich dort weit weg von allem aufhalten, ohne nahe Nachbarn. Das ist zum Beispiel in Frankreich am Cap Ferrat oder auf Sardinien an der Costa Smeralda schwierig.“
„Engel & Völkers“ ist heute einer der Top-Luxus-Makler weltweit.
Trotz der Coronakrise läuft das Geschäft für Engel & Völkers sehr gut:
2020 verbuchte die Unternehmensgruppe Engel & Völkers, unter deren Markennamen etwa 11.500 unabhängige Immobilienberater an 900 Franchise-Standorten in mehr als 30 Ländern agieren, einen Courtageumsatz von 937,4 Millionen Euro, rund 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die steigenden Immobilienpreise bedeuten auch eine höhere Maklercourtage.
Im ersten Halbjahr 2021 stieg der Umsatz weiter: Man verbuchte einen sogenannten „Markencourtageumsatz“ von 565,5 Millionen Euro – knapp 70 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Wir stehen so gut da wie nie zuvor“, sagte Firmenchef Odia im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Die ersten sieben Monate des Jahres waren für uns unglaublich erfolgreich. Wir handeln aus einer Position der Stärke. Dies ist der perfekte Moment für den Quantensprung.“
Permira bringt Digitalisierung
Von dem Einstieg des Finanzinvestors erhoffe man sich vor allem Unterstützung bei der Digitalisierung, die der Immobilienmakler als „riesige Chance“ betrachtet. „Wir haben unsere Prozesse bereits standardisiert und automatisiert. Mit Unterstützung von Permira werden wir unser Angebot als „tech-enabled brokerage“ weiter vorantreiben. Von der Bewertung der Immobilien über den Vermarktungsprozess bis hin zum After-Sale-Service werden wir unsere Mitarbeiter mit innovativer Technologie unterstützen. Wir glauben ganz stark an die weitere umfassende Digitalisierung der Immobilienbranche.“
Im Vordergrund der künftigen Strategie steht laut Dr. Rockenhäuser organisches Wachstum, Zukäufe könnten in Zukunft bei der Internationalisierung eine Rolle spielen, stünden aber derzeit nicht im Fokus. Geografisch wird der Immobilienmakler seine Marktpositionen im Süden Europas, aber auch in den USA ausbauen.
„Die Internetplattformen haben den Markt verändert“
Dass die Branche einen Wandel durchlebt, beobachten auch Branchenexperten wie Immobilienexperte Professor Dr. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in Köln. „Früher waren Kontakte vor Ort wichtig, aber die Internetplattformen haben das Geschäft verändert“, sagte er im August 2021 dem Handelsblatt. Vor allem für die jüngere Generation gelten Anbieter wie Immoscout24, Immowelt oder McMakler als erste Anlaufstelle, wenn sie eine Immobilie suchen oder anbieten. „Der Einstieg von Finanzinvestoren könnte die Erwartung widerspiegeln, dass eine Konsolidierung bevorsteht“, meint der Immobilienökonom. Und bei einer Konsolidierung dürften die größeren Anbieter profitieren.
Auch diese stehen vor der Herausforderung, die Digitalisierung voranzutreiben. „Durch die Ausweitung des Angebots – etwa bei der Erstellung von Wertgutachten, dem Angebot von 360-Grad-Besichtigungen via Internet oder bei der Finanzierung – hofft man, den Kunden von sich zu überzeugen und damit mehr Geschäft zu machen“, sagte Voigtländer. Aber das kostet Geld – über das Finanzinvestoren wie Permira verfügen.
Für Christian Völkers ist der Einstieg von Permira auch ein Beweis dafür, dass das von ihm und dem verstorbenen Dirk Engel 1981 gegründete Unternehmen auf dem richtigen Weg ist. „Unser Ziel ist es, noch schneller zu wachsen und globaler Marktführer auf dem Immobilienmarkt zu werden“, sagte Völkers Ende September 2021 der Madrider Wirtschaftszeitung Expansión. (FM)
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