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Vor zehn Jahren kam das Aus für Europas größte Drogerie: Anton Schlecker e.K. aus Ehingen an der Donau in Baden-Württemberg. Gibt es ein Comeback?
Nach dem Willen eines österreichischen Investores soll die insolvente Filial-Kette SCHLECKER mit einst 47.000 „Schlecker-Frauen“ in Europa im Jahr 2022 als völlig neue Schlecker+ GmbH in Gründung wieder auferstehen.
Ob der Hauptsitz in Deutschland oder Österreich sein wird, stehe noch nicht fest.
Aber alles werde „noch größer, digitaler und innovativer“, kündigte der in Stuttgart geborene Investor Patrick Landrock (36) aus seiner Wahlheimat Kitzbühel in Tirol in Österreich am 25. Dezember 2021 in einer OTS-Presseaussendung an. Landrock hat sich 2020 über seine Firma kitzVenture GmbH aus Kitzbühel die Wort- und Bildrechte an der Marke Schlecker gesichert.
Neben den üblichen Drogerieartikeln, soll es bei Schlecker+ auch Lebensmittel und Bau-Markt-Artikel geben. Und einen Miet-Commerce. Kunden können sich künftig Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte mieten, statt diese zu kaufen.
Die Konkurrenz müsse sich „warm anziehen“
Landrock: „Es müssen sich also nicht nur die bestehenden Drogeriemarktketten, sondern auch andere Händler warm anziehen, wenn der Dino, also ‚Schlecker‘, zurückkehrt.“ Landrock weiter: „Unsere innovative Technologie-Plattform wird uns sowohl online als auch im Filial- und Liefernetz einen Vorsprung ermöglichen, den der Wettbewerb nur schwer wieder aufholen wird.“
Zweifel vom Schlecker-Insolvenzverwalter Arnd Geiwitz
Arnd Geiwitz aus Neu-Ulm, Schleckers Insolvenzverwalter (Amtsgericht Ulm, Aktenzeichen: 1 IN 24/12), hat bereits mit Landrock Bekanntschaft gemacht, wie er der „Wirtschaftswoche“ am 20. Januar 2022 erzählte.
Er soll mit Landrock verhandelt haben, zu einem Verkauf der Markenrechte sei es aber nicht gekommen. Es sei klar gewesen, „dass wir die Marke nur an einen Player mit tragfähigem Konzept“ verkaufen würden. „Wer nur mit der Bekanntheit des Namens Schlecker Geschäfte machen wollte, sollten insbesondere auf Wunsch der Arbeitnehmervertreter nicht zum Zuge kommen.“
Da die Marken nicht genutzt wurden, hat die Insolvenzverwaltung diese – nach einem Hinweis des Deutschen Marken- und Patentamts – gelöscht beziehungsweise die Eintragung nicht verlängert. „Als Insolvenzverwalter kann ich kein Geld dafür ausgeben, die Marke Schlecker über Jahre hinweg zu schützen“, sagte Geiwitz. „Das bringt den Gläubigern nichts.“ Diese Situation habe „Herr Landrock legitimerweise genutzt“.
Keine Unterstützung für KitzVenture vom Insolvenzverwalter
Von Landrocks Plänen hält der renommierte Insolvenzverwalter offenbar nicht viel: „Ein großes Comeback von Schlecker kann ich mir schwer vorstellen.“
Bei seinen Plänen sei der Investor nun auf sich gestellt. „Er bekommt auch keinerlei Unterstützung von uns“, so Geiwitz. „Die Domain-Adressen schlecker.de und schlecker.com, die noch bei uns liegen, nutzen wir aktiv beispielsweise und werden sie daher aktuell nicht verkaufen oder löschen.“
Das Schlecker-Insolvenzverfahren läuft noch voraussichtlich bis 2024
Es gebe noch einzelne Auseinandersetzungen mit früheren Vermietern und ein paar offene Grundstücksthemen. „Vor allem stehen aber gerichtliche Entscheidungen zu Schadenersatzklagen gegen Lieferanten aus“, so Geiwitz. Dabei gehe es um Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe. Hintergrund sind Kartellabsprachen von Lieferanten, die dazu geführt hätten, dass Schlecker in der Vergangenheit zu hohe Preise gezahlt hat.
„Dagegen sind wir zivilrechtlich vorgegangen“, so Geiwitz. „Das ist ein langwieriger Weg über mehrere Instanzen – mit offenem Ausgang, da diese Verfahren auch für die Gerichte teils juristisches Neuland darstellen“, sagt der Insolvenzverwalter. „In dem Kernverfahren dürfte dieses Jahr der Bundesgerichtshof entscheiden.“
Danach könnte der Fall Schlecker dann endgültig zu den Akten gelegt werden. „Ich rechne damit, dass wir das Schlecker-Insolvenzverfahren bis Ende 2024 abschließen können“, sagte Geiwitz der WirtschaftsWoche.
Was sagt Landrock seinen Zweiflern?
Der Fernsehsender SWR hatte Landrock am 29. Dezember 2021 gefragt: „Bei Kommentaren im Internet ist zu lesen, dass manche davon ausgehen, dass es sich (bei Ihren Plänen) um eine ganz große Luftblase handelt. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es keine ist?“
Landrock sagte dem SWR: „Es gibt immer kritische Kommentare – auch zu unserem Unternehmen gibt es immer kritische Worte. Ich glaube, dass das funktioniert, was wir machen, haben wir bewiesen. Unser Unternehmen ist ein Millionenunternehmen – nicht nur Millionenumsätze, sondern auch Millionengewinne – und dass es keine Luftblase ist, wird man auch in Kürze sehen.“
Der Aufbau des Schlecker-Imperiums hat Jahrzehnte gedauert. Woher nimmt Landrock das Geld?
Das stammt nach kitzVenture-Angaben aus mindestens drei Quellen:
Erstens: Ein Mega-Deal habe Landrock 2020 zum Masken-Millionär gemacht.
Geschäftsführer Patrick Landrock, der selbst zur Corona-Risikogruppe zählt, wollte 2020 ursprünglich Masken für den Eigenbedarf besorgen. „Sehr bald habe ich aber erkannt, welcher Waren-Engpass in Europa herrscht und wie viel schlechte und gesundheitsgefährdende Produkte angeboten wurden. Also habe ich rasch reagiert und meine internationalen Kontakte aktiviert.“
Die geschäftlichen Beziehungen der weltweit tätigen kitzVenture GmbH hätten den Aufbau eines Lieferanten-Netzwerkes im europäischen und im asiatischen Raum ermöglicht. Landrock: „Und durch das fundierte Know-how der kitzVenture für Company-Building und E-Commerce wurde innerhalb kürzester Zeit das Projekt ‚MUNDSCHUTZMASKEN24.COM‘ ins Leben gerufen.“
Zur ganzen Wahrheit gehören aber auch zwischenzeitliche staatsanwaltschaftliche Ermittlungen
2020 ermittelte laut t-online.de die Staatsanwaltschaft wegen vermeintlichen „Sachwuchers“ mit Corona-Schutzausrüstung – also dem gewerbsmäßigen Ausnutzen einer Zwangslage. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Goldener Exit aus Mundschutzmasken24.com?
Im Rahmen mehrerer Asset-Deals wurde das Company-Building-Projekt „MUNDSCHUTZMASKEN24.COM“ laut kitzVenture-Firmenmeldung vom 30. September 2020 von einem Konsortium bestehend aus einer Schweizer Beteiligungsgesellschaft, einem deutschen Pharmaunternehmen sowie der damaligen Change Deutschland AG übernommen. Letztere firmiert inzwischen als Sanagenic AG, residiert am Berliner Ku’damm 193 e und wird vom Schweizer Erich Sager (64) aus Winterthur geleitet.
„Zur Höhe der Transaktion haben die jeweiligen Vertragsparteien Stillschweigen vereinbart“, so Patrick Landrock, „mit dem Verkauf setzt die kitzVenture GmbH ihre Erfolgsstory fort und beginnt jetzt ein neues Kapitel.“
Bekannt ist, dass „kitzVenture“ auch die Rechte an der Marke des insolventen Mode-Startups „Von Floerke“, aus der TV-Show „Die Höhle der Löwen“, übernommen hat. Landrock fungiert seit Dezember 2020 als Geschäftsführer der neu gegründeten Von Floerke GmbH in Bald Tölz, die mittlerweile nicht nur Socken und Fliegen, sondern auch Corona-Schnelltests oder medizinische Schutzausrüstung online verkauft. Landrock hat die Von Floerke GmbH am 7. Januar 2022 in VF Medical Products GmbH umfirmiert und den Geschäfts-Gegenstand auf die Corona-Hilfsmittel geändert.
Zweite Geldquelle: Landrock sammelt gerade über ein hauseigenes Crowdinvesting angepeilt knapp 2 Millionen Euro ein
Am 22. Dezember 2022 startete Landrock den Vertrieb einer knapp 2 Millionen schweren unbeesicherten Orderschuldverschreibung, bei der Anleger ab 500 Euro im hauseigenen Crowdinvesting noch bis zum 28. Februar 2022 einsteigen können. Die Laufzeit beträgt 5 Jahre. Die Orderschuldverschreibung soll jährlich mit einem festen Jahreszins von 6 Prozent verzinst werden.
Dritte Geldquelle: Verhandlungen mit Family Offices und institutionellen Investoren
Branchenkenner gehen davon aus, dass für einen solch aggressiven Markteintritt mehrere hundert Millionen Euro an Working Capital benötigt werden.
Auf Anfrage hierzu führte Patrick Landrock aus: „Wir stehen bereits mit verschiedenen einflussreichen, internationalen Family Offices als auch mit institutionellen Investoren in fortgeschrittenen Gesprächen, bereits in diesem frühen Stadium steht eine Multi-Milliarden-Unternehmensbewertung im Raum. Schlecker wird so oder so zum Einhorn werden, also eine Unternehmensbewertung von mehr als einer Milliarden Euro erhalten.“
Dem Fernsehsender SWR sagte Landrock in der Ausstrahlung am 29. Dezember 2021: „Der Onlinebereich ist komplett durchfinanziert.“
Landrock weiter: „In den nächsten Wochen fällt erst einmal die Entscheidung, wo die Gesellschaft – welche langfristig mehrere tausend Arbeitsplätze schafft – angesiedelt wird, ob in Österreich oder eben in Deutschland.“
Für seinen guten Ruf muss Landrock aber noch einen laufenden Straf-Prozess gewinnen
Landrock muss sich aktuell vor einem Schöffenstrafgericht in Innsbruck gegen den Vorwurf des schweren gewerbsmäßigen Betrugs behaupten. KitzVenture soll ab 2016 79 Kleinanleger mit hohen Zinsen (9,75 Prozent fix pro Jahr) umworben, aber das Totalverlustrisiko verschwiegen haben. 176.000 Euro Schaden soll dabei entstanden sein, da die Gelder nur teils entsprechend den Darstellungen investiert worden sein sollen. Die Staatsanwaltschaft vermutet ein „Pyramidenspiel“, auch Schneeballsystem genannt.
kitzVenture-Chef kontert hart in Richtung Staatsanwaltschaft
Patrick Landrock betonte: „Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, kitzVenture wäre ein Pyramidenspiel, unterstreicht einmal mehr, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck leider keine Ahnung hat und sich vielleicht besser zunächst damit beschäftigen sollte, was ein Pyramidenspiel ist und was nicht. kitzVenture war und ist kein Pyramidenspiel, das Geschäftsmodell funktioniert nachweislich!“
„KitzVenture ist mein Baby! Es ist eine florierende Gesellschaft. Ich wollte über sie niemals jemanden betrügen“, beschwor kitzVenture-Geschäftsführer Patrick Landrock das Landesgericht Innsbruck beim Prozessauftakt am 3. November 2021.
Patrick Landrock wird vom Wiener Staranwalt Dr. Manfred Ainedter und seinem Sohn Klaus Ainedter verteidigt.
Die Anklage bröckelte
Am zweiten und bislang letzten Prozesstag am 15. November 2021 bröckelte die Anklage, nachdem ein Mitangeklagter, ein Rechtsanwalt aus Deutschland, zuvor freigesprochen worden war.
Patrick Landrock betonte mehrfach, dass alle Anleger Ihr Geld, inklusive Zinsen und Zinseszinsen, zurückerhalten haben, die kitzVenture GmbH nicht nur Millionenumsätze generiert, sondern auch Millionengewinne ausweist und somit auf Erfolgskurs ist.
Die Zeugen bestätigten den Gelderhalt
Patrick Landrock äußerte sich gegenüber OE24.at zufrieden nach dem zweiten Prozesstag: „Der Tag ist so gelaufen, wie ich es erwartet habe. Keiner der Zeugen hat mich belastet, da ich mir nie etwas zuschulden hab kommen lassen und auch niemals mit einem dieser Zeugen, in welcher Art und Weise auch immer, in Kontakt gestanden habe. Das Unterschriftengutachten wird nun endgültig beweisen, dass ich die entsprechenden Vorgänge auch nicht unterschrieben habe. Ich bin froh, wenn meine Unschuld endlich bewiesen ist und ich freigesprochen werde. Es kann für mich kein anderes Ergebnis als einen Freispruch geben!“
Der Prozess ist wegen eines Corona-Erkrankungs-Falls auf unbestimmte Zeit vertagt.
Über kitzVenture GmbH
Die kitzVenture GmbH mit Sitz in Kitzbühel (Österreich) ist ein in Tirol verwurzeltes und international agierendes Unternehmen. Unterstützt werden Start-Ups und junge Firmen sowohl mit Risikokapital als auch mit Know-how und verschiedenen Dienstleistungen aus den Bereichen IT, Marketing und Vertrieb. Des Weiteren ist kitzVenture im Bereich E-Commerce tätig. Mehr Informationen zur kitzVenture GmbH finden Sie unter www.kitzventure.com. (FM)
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Liest sich total unseriös und per PR zusammengekauft. Woher das Geld? Einfach umverteilen. Sind das die Pyramidenspiele, die der Tiroler Justiz meinen?
https://de.trustpilot.com/review/vonfloerke.com