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Grünes Gold – eine aufgeklärte Kundschaft in Deutschland zahlt gern 20 Prozent mehr für ihren Schmuck, wenn sie das Gold mit gutem Gewissen tragen kann, weiß der Hamburger Goldschmied Jan Spille.
Die Fairever GmbH aus Leipzig in Sachsen importiert aus Kolumbien grünes Gold für 200 deutsche Juweliere.
Der Leipziger Goldhändler Florian Harkort, CEO der Fairever GmbH aus dem ArcusPark, ist der erste deutsche Händler für Gold aus fairem Bergbau und Handel: Grünes Gold. Harkort: „Unser Ziel ist es, den weltweiten Kleinbergbau auf fair und ökologisch umzustellen.“
In Deutschland beliefert Harkort 200 Schmuckschaffende wie den Hamburger Goldschmied Jan Spille, die Interesse an grünem Gold, also an der Herkunft und dem Handel des Goldes, haben, das sie zu Schmuck verarbeiten.
Jährlich werden weltweit drei- bis viertausend Tonnen Gold gefördert, oft unter schlimmen sozialen und ökologischen Bedingungen. Zwei Pioniere aus Deutschland, Jan Spille und Florian Harkort, kämpfen für einen menschlichen und umweltgerechten Goldbergbau.
Einsatz für Öko-Gold: Auch tief im Dschungel Kolumbiens
Man erkennt es nicht auf den ersten Blick, aber der Hamburger schmiedet anderes Gold als die Generationen vor ihm – eben grünes Gold. Denn Jan Spille ist ein Idealist. Sein Schmuck hat eine Message: Edelmetall ist viel wert. Aber genauso die Menschen dahinter.
Von jedem Gramm Gold weiß er, wo und wie es abgebaut wurde. Und dass die Arbeit gerecht entlohnt wurde.
Jan Spille sagte in der Dokumentation „Gold und Glitzer – Schmuck aus fairem Handel“ von Jasmin Cilesiz aus München, die am 7. Dezember 2021 auf ARTE.TV ausgestrahlt wurde: „Das komplette Elend, das man sich so vorstellen kann, findet im konventionellen Kleinbergbau statt. Und das ist der Grund, warum wir es anders machen sollen.“
Der Goldschmied weiter: „Das muss man sich als Kunde vergegenwärtigen. Wenn ich Gold kaufe bei XY, irgendwie in irgendeinem Juwelierladen, dass ich mir nicht nur ein schönes Schmuckstück kaufe, sondern dass ich mir automatisch auch die Geschichte von sozialer Ausbeutung, Kinderarbeit, gravierenden Umweltschäden gleich mitkaufe.“
Jan Spille verkauft seinen Kunden seinen Schmuck mit einem guten Gewissen. Und das aus zertifizierter Quelle. Um das zu überprüfen, reist er regelmäßig zu Goldminen in Afrika und Südamerika. Er will sicher sein, dass die Gütesiegel für Fairtrade und Ökogold halten, was sie versprechen.
So führte ihn letzten Sommer eine Reise in den Westen Kolumbiens. Mitten im Dschungel liegt eine ganz besondere Goldmine namens Ikira.
Mine für grünes Gold: Eine von gerade einmal 10 weltweit, die für fairen Bergbau zertifiziert sind
Jan Spille reist zusammen mit der Übersetzerin Olga Rochartz und Goldhändler Florian Harkort. Regelmäßig überprüfen sie die Arbeitsbedingungen vor Ort. Denn die beiden Geschäftspartner wollen in Deutschland kein Märchen von einer besseren Welt verkaufen, sondern eine wahre Geschichte erzählen.
Vor Ort in der kolumbianischen Mine Ikira sagte Harkort zu ARTE.TV, nachdem er einen Minenarbeiter fragte, ob er sich sicher fühlt und der es ihm anhand seiner Ausrüstung bejahte: „Das hier ist leider immer noch die große Ausnahme. 99 Prozent der Minen sind nicht sicher, sind nicht abgestützt. Da kommt es leider ganz oft zu Todesfällen. Und letztendlich ist es mein großes Ziel, über die nächsten 20, 30 Jahre immer und immer weiter zu gehen und zu gucken, dass immer mehr Minen zertifiziert werden können.“
Die beiden Deutschen arbeiten mit der Nichtregierungsorganisation Allianz für verantwortungsvollem Goldabbau (Alliance for Responsible Mining, ARM, in Envigado, Colombia) zusammen.
Fairever ist ein offiziell autorisierter Anbieter von Fairmined-zertifiziertem Gold & Silber, Fairmined ID: DE20014.
Das Siegel wird durch die Alliance for Responsible Mining (ARM) vergeben. Eine Besonderheit ist die hohe Sozial-Prämie von 4.000 bis 6.000 US-Dollar (3.488 Euro bis 5.232 Euro) je Kilogramm Gold.
Für diese Zertifizierungen müssen die Minen über 200 Anforderungen erfüllen. An Schutzkleidung. Den Umgang mit Chemikalien. Das Verbot von Kinderarbeit. Und vieles mehr.
Und genau davon haben sich Jan Spille und Florian Harkort letzten Sommer 2021 vor Ort selbst überzeugt.
Jan Spille besuchte einen solchen zertifizierten Grubenschacht und konnte berichten: „Das hier ist perfekter Kleinbergbau. Hier haben wir richtig gutes Equipment. Bohrmaschinen. Es werden Sprengladungen angebracht unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und so weiter.“
Vom Verkauf des Goldes profitiert auch die Gemeinde. Für jedes Kilo bekommt sie die schon erwähnte Prämie. Geld für soziale Projekte wie die Renovierung der Schule. Ein gutes Geschäft – dieses fair gehandelte grüne Gold. Auf dieser Reise wollten die Deutschen weitere Minen für eine Zertifizierung von grünem Gold gewinnen.
Doch die Ansprüche sind hoch. Vielleicht zu hoch?
In wenigen kolumbianischen Goldminen läuft es so gut wie in Ikira. Goldhändler Florian Harkort und Goldschmied Jan Spille besuchten die Verarbeitungsanlage der zertifizierten Bergbau-Kooperative. Eine sogenannte Planta.
Harkort: „Es dauert 6 Tage, hat er uns jetzt gerade erklärt, bis sie vom Beginn in der Planta bis zu diesem Endprodukt hier kommen.“ Zwischen 15 und 20 Kilogramm kauft der Goldhändler hier pro Jahr.
Florian Harkort sucht neue Goldquellen. In Chile und Sierra Leone tut sich etwas Nachhaltiges.
Zurück nach Kolumbien. Hier gibt noch zu wenige zertifizierte Minen
Der Leipziger Goldhändler und der Hamburger Goldschmied nutzten ihre 2021er Bergbaureise nach Kolumbien, um die Idee des grünen Goldes mit fairem Bergbau und fairem Handel weiter zu tragen.
Das Team musste dafür 200 Kilometer weit ins Landesinnere fahren. 8 Stunden waren sie auf den holprigen Dschungelpisten unterwegs. Durch Koka-Plantagen und Rebellengebiete. Vorbei an vielen konventionellen Minen. Einige davon illegal. Momente, in denen die beiden erkennen, warum sie das alles tun. Sie beobachten, wie die Arbeiter die Gesteinsmühlen mit dem Erz füttern, das deren Kollegen aus dem Berg geholt haben.
Gegenteil von grünem Gold: „Über die Sicherheitsstandards brauchen wir hier nicht zu reden.“
Das sagte Harkort bei dem Anblick einer unzertifizierten Goldmine und filmte das Ganze mit seinem Handy. „Keine Handschuhe, keine wirklich sichere Kleidung. Die Arme sind alle frei. Keine Atemschutzmasken. Da fehlt es leider an allem hier. Aber das ist leider die traurige Realität im Kleinbergbau.“
Die Arbeiter versetzen das Gesteinsmehl mit Quecksilber. Das giftige Schwermetall geht eine Verbindung mit Gold ein. Die wird erhitzt. Und zurück bleibt reines Rohgold.
Quecksilber zur Goldbindung
Spille: „Quecksilber schädigt das zentrale Nervensystem, die Leber, die Niere. Es ist hochgradig giftig und in hohen Dosen auch tödlich.“
Spille weiter: „Diese Form des Bergbaus ist wirklich scheiße. Und es findet nicht nur hier statt. Wir haben ungefähr 20 Millionen Kleinschürfer, die weltweit auf diese Art und Weise mit Quecksilber Gold abbauen. Und davon haben wir, das schätzt die UNO, ein Drittel Frauen und Kinder.“
Dieser Goldabbau hat für die Natur verheerende Folgen.
Das quecksilberhaltige Schlammwasser gelangt ungefiltert in die Umwelt. Über verseuchte Fische landet das Gift auf den Tellern der Menschen.
Harkort: „Der Kollege hat mir jetzt gerade erklärt, dass dieses quecksilberhaltige Abwasser, das sich jetzt hier erst einmal gesammelt hat, über den Schlauch hier in den großen Stausee da unten gepumpt wird. Das finde ich jetzt noch mal sehr schockierend, das zu hören. Ich bin froh, wenn wir hier weg sind, ehrlich gesagt.“
Ein Lichtblick: Das nächste Ziel der beiden Deutschen war eine Frauen-Kooperative.
Die Goldwäscherinnen arbeiten an einem Fluss, weit abgelegen im Dschungel. Dass sie in einer männerdominierten Gesellschaft für sich allein wirtschaften, macht sie zu Pionierinnen.
Spille: „Wir waren in verschiedenen Ländern. Haben viel Fair Trade und Bergbau gesehen. Und klar hat die Rolle der Frau schon mal eine andere Bedeutung. Aber eine reine Frauen-Kooperative, das ist für uns total neu.“
Harkort: „Ich habe davon gehört schon 2015, als ich mein Geschäft begonnen habe. Ich wollte die immer mal besuchen kommen.“
Was er gehört hat, klingt vielversprechend. Die Kooperative könnte für eine Zertifizierung infrage kommen. Doch wer weiß, ob die Frauen das überhaupt wollen.
Im Eldorado Südamerikas eine umweltfreundliche Quelle für Gold zu finden, das wäre es. Die Frauen arbeiten traditionell.
So wird im Fluss seit Tausenden von Jahren Gold gewaschen.
Harkort: „Also auf den ersten Blick sieht für mich hier alles super aus. Die holen das Gold aus dem Fluss. Alles auf völlig natürliche Art und Weise. Mein erster Eindruck: Super.“
Natürlich ist das Goldwaschen ein Knochenjob.
Aber die Frauen sind immerhin keinen giftigen Chemikalien ausgesetzt. Und die Natur wird nicht durch schwere Maschinen zerstört. Die Goldmengen sind winzig. Aber sie helfen, die Familie zu ernähren.
Spille: „Es ist möglich, so wie hier Gold abgebaut wird, ein gutes Gewissen zu haben. Genauso wie du es bei Kaffee oder Schokolade hast. Bei Bananen hast. Das heißt, wir haben eine Alternative zu diesem ganzen konventionellen Goldschmuck.“
Seit mehreren Generationen schon waschen die Frauen grünes Gold aus dem Fluss. 28 gehören zu dieser Kooperative. Sie verkaufen ihre kleinen Erträge direkt vor Ort. Oft zu schlechten Preisen. Sie brauchen das Geld. Die beiden Deutschen würden gerne mit ihnen ins Geschäft kommen. Die Frauen imponieren ihnen.
„Wir suchen immer nach neuen Lieferanten.“
Harkort sagt den Goldwäscherinnen: „Wir suchen immer nach neuen Lieferanten. Denn ich bin Goldhändler und spezialisiert auf verantwortungsvollen Kleinbergbau und handwerklich geschürftes Gold. Jan ist Goldschmied, der Schuck aus diesem Gold macht. Und unsere Kunden sind bereit, für ein Schmuckstück einen guten Preis zu zahlen, wenn sie wissen, dass das Gold verantwortungsvoll gewonnen wurde.“
Eine Goldwäscherin: „Es fühlt sich gut an, hier zu arbeiten. Wir haben unsere berufliche Zukunft selbst in der Hand. Und unterstützen uns gegenseitig.“
Pflanzschaum statt Quecksilber
Die Frauen arbeiten im Einklang mit der Natur. Eine ganz besondere Pflanze hilft den Frauen beim Goldwaschen. Man sagt ihrem Saft sogar eine magische Wirkung nach.
Eine Goldwäscherin: „Ja, wir haben eine Pflanze, die Babussa heißt. Und eine andere. Die nennen wir Escoba. Wir reiben sie, um die Flüssigkeit zu bekommen. Die wird dann zu einer Art Schaum, der die Goldpartikel säubert. Der Saft aus den Blättern wäscht das Gold glänzend sauber.“
Harkort: „Das sind Traditionen, die über Generationen hinweg überliefert werden. Das mit den Pflanzensäften ist ein weiteres interessantes Detail, wie sie sozusagen zusammen mit der Natur arbeiten und Möglichkeiten gefunden haben, letztendlich ohne Chemie sich die Arbeit ein bisschen leichter zu machen.“
Verhandlung in Suarez
Am nächsten Tag. Suarez ist der nächstgelegene Ort. Hier leben die Goldschürferinnen mit ihren Familien. Und hier trafen Spille und Harkort Vertreterinnen der Frauenkooperative zu Vertragsverhandlungen wieder.
Harkort fragt: „Wie viel Gold findet Ihre Kooperative pro Monat normalerweise?“
Die Goldschürferinnen lachen. Eine antwortete: „Pro Monat? Wir finden in der Regel ein Gramm pro Woche.“
Harkort erklärte den Journalisten: „Das ist zu wenig. Anderseits haben sie mir auch verraten, dass sie auch mit anderen Frauengruppen eng zusammenarbeiten, die in anderen Flüssen Gold waschen.“
Der Goldhändler würde die Kooperative gern für eine Zertifizierung gewinnen. Die Frauen müssten dazu professioneller arbeiten. Und zum Beispiel die geschürften Mengen dokumentieren. Aber sie hätten auch Vorteile. Eine faire Bezahlung dank höherer Preise. Ein regelmäßiges Einkommen. Und Prämien, die der Gemeinde zugutekommen.
Spille: „Für mich als Goldschmied ist gerade an dieser Stelle entscheidend, ob die Damen in der Frauenkooperative bereit sind, weiter in Richtung Zertifizierung zu gehen. Klar werden sie es jetzt in den nächsten 2, 3 Jahren nicht erreichen können. Aber es ist für uns wichtig, Bergbau auch als eine Entwicklung zu verstehen. Das heißt: Ja, sie haben den Fuß reingekriegt.“
Florian Harkort und Jan Spille haben viel erreicht.
Für die Frauen hier. Aber auch für die deutsche Kundschaft, die gerne mit einem guten Gewissen einkauft.
Harkort: „Also da haben sie alle eifrig mitnotiert. Und haben wörtlich gesagt, ‚okay, wir wollen das. Und wir wollen unser Gold an dich verkaufen.‘“
Auch bei Goldschmied Spille zuhause in Hamburg sind es die vielen Gespräche, mit denen Jan Spille Menschen für seine Sachen gewinnt. Ein Schmuckstück aus fair gehandeltem grünen Gold ist 20 Prozent teurer. Aber wer bei ihm kauft, erfährt aus erster Hand, wohin das Geld fließt. Gold tragen und dabei Gutes tun – eine glänzende Idee zum Beispiel für Hochzeitsringe. (FM)
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