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Das Grundwasser in Deutschland sinkt seit drei Jahrzehnten. Das beweisen Satellitenaufnahmen und die Daten von Grundwassermessstellen.
Trotzdem wollen internationale Konzerne wie Tesla und Roxane das brandenburgische Urstromtal und das oberbayerische Tiefengrundwasser aussaugen. Mit Rückendeckung der Politik. Wir sprachen mit dem Ersten Bürgermeister in Polling, der selber Landwirt ist und einen Hof betreibt, und dennoch das Abfüllen des Tiefengrundwassers am Inn unterstützt.
„Satellitendaten zeigen, dass Deutschland in 20 Jahren Wasser im Umfang des Bodensees verloren hat. Das ist unvorstellbar viel Wasser“, sagte Jay Famiglietti, Global Institute for Water Security aus Kanada, gegenüber dem ZDF vom 9. Juli 2023.
Die Daten der Grace-Satelliten vom Global Institute for Water Security in Kanada (GIWS), der National Aeronautics and Space Administration (Nasa) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus Köln zeigen:
Deutschland verliert jährlich 2,5 Kubikkilometer Süßwasser.
Und die Daten-Auswertung von 6.700 deutschlandweiten Grundwassermessstellen durch das gemeinnnützige Recherchezentrums CORRECTIV aus Essen von 1990 bis einschließlich 2021 belegt: „An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte ist das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990 gefallen. Insgesamt ist in den vergangenen 32 Jahren der Grundwasserstand mehr gesunken als gestiegen.“
CORRECTIV: „Besonders in Norddeutschland sowie in Nordrhein-Westfalen (NRW), Thüringen und Bayern fallen die Grundwasserstände. In NRW, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sinkt es sogar an jeder dritten Messstelle.“
CORRECTIV weiter: „Bei 15 der 27 Messstellen, an denen das Grundwasser zwischen 1990 und 2021 extrem gesunken ist, nennen die Landesumweltämter eine geringe Grundwasserneubildung als Grund.“ Hintergrund: 94 Prozent des Grundwassers ist fossilen Ursprungs, nur 6 Prozent ist reversible.
Da rund 70 Prozent des Trinkwassers in Deutschland aus dem Grundwasser stammt, ist auch die private Wasserversorgung bedroht. Vor allem Ost- und Norddeutschland sowie Bayern sind zunehmend betroffen.
Die bundeseigene BGR Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe aus Hannover schlüsselt dazu auf: „In Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland basiert die öffentliche Wasserversorgung nahezu zu 100 % auf Grund- und Quellwasser, gefolgt von den Ländern Brandenburg (87,6 %), Hessen (87,0 %), Niedersachsen (86,9 %), Rheinland-Pfalz (84,7 %) sowie Bayern mit 84,2 % und Mecklenburg-Vorpommern mit 84,1 % Grund- und Quellwasseranteil.
Im Ländervergleich liegen Nordrhein-Westfalen (48,8 %), Sachsen-Anhalt (46,2 %), Sachsen (32,4 %) und Berlin mit 24,1 % Grund- und Quellwasseranteil an der öffentlichen Wasserversorgung am unteren Ende. Berlin gewinnt einen Großteil seines Trinkwassers aus Uferfiltrat, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird rund 40 % des Trinkwassers aus Seen und Talsperren gewonnen.“
Das LFU Landesamt für Umwelt Brandenburg aus Potsdam Groß Glienicke schreibt aktuell gar: „Das Grundwasser stellt in Brandenburg mit mehr als 95 Prozent die wichtigste Trinkwasserressource für die Bevölkerung dar.“
Das LBGR Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe in Cottbus präzisiert zur Hysrogeologie im Raum Freienbrink, dem Standort der Tesla Gigafactory, ein zum Ortsteil Spreeau gehörender Gemeindeteil von Grünheide im Landkreis Oder-Spree, aus dem Tesla derzeit seine jährlich 1,34 Kubikmeter Trinkwasser vom WSE Wasserverband Strausberg-Erkner bezieht, welcher neben Tesla außerdem 13 Gemeinde und 3 Städte mit etwa 700.000 Menschen in den brandenburgischen Landkreisen Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Barnim versorgen muss: „Für die Trinkwasserversorgung ist das Grundwasser von enormer Bedeutung, da über 99 % des Trinkwassers im Land Brandenburg aus Grundwasserleitern der quartären und tertiären Schichten gewonnen werden.“
LFU Potsdam: Warnung vor Minderung der Grundwasserneubildung um 25 Prozent
Angela Hermsdorf vom LFU in Potsdam, Abteilung Wasserwirtschaft 1 Referat W15, warnt aufgrund der Grundwasserbilanzierung 2020 im Land Brandenburg für das Klimaszenario 2031 bis 2060: „Für jedes der 73 Grundwasserbilanzgebiete ist das verfügbare Grundwasserdargebot ermittelt sowie ein separater Klimafaktor abgeleitet worden. Eine landesweit einheitliche Herangehensweise mit diesem Faktor wird derzeit geprüft.
Im Ergebnis dieser Betrachtungen kann von einer Minderung der Grundwasserneubildung um bis zu 25 Prozent ausgegangen werden, die insbesondere durch die Entwicklung der Grasreferenzverdunstung und des Niederschlags beeinflusst wird.“
Tesla darf Grundwasser im Brandenburger Urstromtal aussaugen
Dennoch darf der US-E-Autobauer Tesla in Brandenburg, einer der trockensten Regionen Deutschlands, mit Rückendeckung des brandenburgischen Regierungschefs Dr. Dietmar Woidke (SPD) das Grundwasser auspumpen lassen. Im Augenblick benötigt die Gigafactory in Grünheide bei Berlin, die zu zwei Dritteln in einem ausgewiesenen Trinkwasserschutzgebiet errichtet wurde, laut Deutschlandfunk so viel Wasser wie eine 40.000-Einwohnerstadt. Seit März 2022 laufen bei Tesla im Jahr 250.000 Elektroautos vom Band, produziert von 10.000 Beschäftigten. Tesla plant, den Produktionsstandort auf eine Kapazität von 1 Millionen Autos pro Jahr auszubauen. „Wir blicken der Erweiterung mit großer Vorfreude entgegen“, schrieb Dr. Woidke am 9. März 2023 in einem Brief, den sein brandenburgischer Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im März 2023 im Rahmen seiner US-Wirtschaftsreise bei einem Besuch in der Tesla-Zentrale in Austin in Texas übergab, und zwar im Tesla-T-Shirt, was er selbst auch noch via Twitter publizierte.
Bayerisches Landesamt Umweltamt: Grundwasserneubildung seit 20 Jahren rückläufig
Vier der letzten fünf Jahre waren Trockenjahre, 2023 wird voraussichtlich auch eines. In Bayern herrscht vielerorts akuter Wassermangel. Das Bayerische Landesamt für Umwelt warnt: Die Grundwasserneubildung in Bayern ist seit 2003, also seit 20 Jahren, Jahr für Jahr rückläufig. Es gebe ein „mittleres jährliches Defizit von rund 16 Prozent“.
In einer Presseerklärung zum Weltwassertag schrieb Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (52, Freie Wähler Bayern) am 22. März 2023 zum Tiefengrundwasser. „Die eiserne Reserve der Wasserversorgung darf nicht ohne Not angezapft werden.“
In Oberbayern: Wasser umsonst für Roxane GmbH /Alma SA
Doch im bayerischen Polling-Weiding im Landkreis Mühldorf am Inn unterstützt der hauptamtliche Erste Bürgermeister der Gemeinde Polling Lorenz Kronberger (52, wechselte von der CSU zur Unabhängigen Wählergemeinschaft) die beantragte Kommerzialisierung des Tiefengrundwassers durch einen Getränkemulti.
Kronberger macht sich für ein Vorhaben stark, wonach der französische Getränke-Multi Roxane GmbH / Alma SA die Brunnen, die aktuell zur Herstellung für Babynahrung genutzt werden, ab nächstes Jahr auch zum Abfüllen für Mineralwasser und Brause nutzen darf.
Und zwar kostenlos. In Bayern werden wie in Hessen und Thüringen gar keine Wasserentnahmeentgelte erhoben. Wir sprachen mit dem Ersten Bürgermeister, der zugibt, dass die Meinung dazu in seiner Kommune Fifty Fifty steht.
Business Leaders: Der französische Konzern Alma SA aus der Normandie kauft sich seit geraumer Zeit über seine saarländische Tochter Roxane GmbH in deutsche Tiefenbrunnen ein, um Mineralwasser und Süßgetränke abzufüllen. In Polling-Weiding nutzte bislang nur die InnFood GmbH, benannt nach der örtlichen Inn, zwei der sechs Tiefenbrunnen für die Babynahrungsherstellung (Alete). Gewinn 2021: rund 1 Million Euro. Eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Um den Standort Polling noch profitabler zu machen, will die hessische InnFood-Gesellschafterin und Prokuristin Anna Katharina Jostock (41) aus Königstein nun gemeinsam mit der Roxane GmbH/Alma SA ab 2024 aus den beiden Tiefenbrunnen Mineralwasser- und Süßgetränkeflaschen befüllen und verkaufen. Sie unterstützen dieses Vorhaben. Aus welchen Gründen?
Lorenz Kronberger: „Bisher ist Babynahrung hergestellt worden. Jetzt soll Tafelwasser, also Mineralwasser, abgefüllt zur menschlichen Ernährung, hergestellt werden. Regionale Versorgung. Keine Importe aus dem Ausland Italien (Morello) oder Frankreich. Es soll im süddeutschen Raum verkauft werden. 1 Million Euro Gewinn für ein Unternehmen mit zirka 200 Angestellten ist keine Unverhältnismäßigkeit. Und das nach Verdoppelung in schwierigen Anfangsjahren. Nach der Übernahme von Nestle – Gewinn dient der Entwicklung von Unternehmen. Gewinn ist Pflicht. Jetzt wird so getan, als wäre das Abfüllen von Mineralwasser eine sehr gefährliche Angelegenheit. Kommt Ihnen die Frage nicht etwas komisch vor? Wir leben im Chemiedreieck. Da sind wir mehr Chemie gewohnt als das Abfüllen von Mineralwasser.“
Die Roxane-Gruppe mit der Mutter Alma SA fiel als Umweltverschmutzer im Grundwasser auf
Business Leaders: Das Joint Venture der InnFood und Roxane/Alma, die 2021 gegründete InnFood Mineral Waters GmbH in Polling, will nach der beantragten Abfüll-Genehmigung beim Landratsamt Mühldorf am Inn in Polling 45 Millionen Euro in Abfüllanlagen investieren, 50 Arbeitsplätze schaffen und tagsüber pro Stunde 8 LKWs vom Betriebshof rollen lassen. Im Januar 2021 berichtete allerdings das französische Portal Mediapart.fr, dass die Alma SA, die Muttergesellschaft des berühmten Wassers Cristaline, wegen Umweltverschmutzung in der Normandie angeklagt wurde. Ein Fischer zeigte den Journalisten verschmutzten Schlamm im Bach Roglain, einem Nebenfluss der Sarthe, am Industriestandort der Roxane-Gruppe in Orne. Laut der Zeitung mediacités.fr wurden im Jahr 2022 drei Quellen der Alma-Gruppe wegen Betrugs im Zusammenhang mit der Zugabe von „industriellem Kohlendioxid und einer verbotenen chemischen Substanz“ untersucht. Die organische Gewässerverschmutzung soll auch die Roxane-Fabrik in Orne in der Normandie betroffen haben. Wollen Sie sich so einen mutmaßlichen Gewässerverschmutzer an den Inn und Ihr Naherholungsziel Flossinger See nach Bayern holen?
Lorenz Kronberger: „Umweltverschmutzung: Ist das nicht Polemik? Plötzlich ist das Abfüllen von Wasser an bestehenden Brunnen als Gefahr von Umweltverschmutzung anzusehen. Das halte ich für maßlos verzerrt. Ich wüsste nicht, wo überhaupt Schlamm entstehen würde. Erklären Sie mir das. Ein Bürger zeigte verschmutzten Schlamm an, laut einer mir unbekannten Zeitung: Bei weitem nicht alles, was in der Zeitung steht, ist richtig. Und das Ganze in Frankreich.“
Business Leaders: Vier der letzten fünf Jahre waren Trockenjahre, 2023 wird voraussichtlich auch eines. In Bayern herrscht vielerorts akuter Wassermangel.
► Der 33 Meter tiefe Brunnen von Josefine Reißaus aus Polling bei Mühldorf am Inn zum Beispiel versiegte vor kurzem sogar in 33 Metern Tiefe.
► Auf einer Alm sei das Wasser letzten Sommer schon nach zwei Wochen ohne Regen versiegt. In Containern wurde Wasser für die Kühe hochgefahren. „So was haben die seit 40 Jahren nicht erlebt“, berichtete Sarina Kraft aus Bergen im Chiemgau, 60 Kilometer südlich von Polling.
► In Altötting musste vor kurzem ein Brunnen abgestellt werden, nachdem dort im Dezember 2022 säurebeständige PFAS (Gen-X) über den Grenzwerten nachgewiesenen worden waren.
► Der örtliche Wasserversorger in der Gemeinde Polling im Landkreis Mühldorf am Inn mischt schon jetzt Tiefengrundwasser bei, um die Grenzwerte beim Trinkwasser einzuhalten. Zu hohe Nitratwerte im oberflächlicheren Grundwasser seien der Grund für dieses Prozedere.
► Der Bürgermeister der Stadt Töging am Inn in Ihrem Nachbarlandkreis Altötting hat Einwände gegen die kommerzielle Abfüllung des Wassers. Sein Argument ist, dass der nahegelegene Ort Töging später vielleicht auch auf genau dieses Tiefengrundwasser für die eigene Trinkwasserversorgung zugreifen muss.
► Für Ihren bayerischen Landesvater Markus Söder (56, CSU) ist das Tiefengrundwasser „eine heilige und eiserne Wasserreserve“, zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung am 23. März 2023. Sie selbst sind Landwirt auf dem Moier Hof z‘ Klugham, haben drei Kinder. Wie ist Ihre persönliche Erfahrung? Halten Sie ein weiteres Abzapfen des Tiefengrundwassers – außer für Wasser aus dem Wasserhahn – noch für zeitgemäß? Was sagen Ihre Vereinskollegen bei den Hirschbachschützen und der Krieger- und Soldaten/Reservistenkameradschaft Polling zur aktuellen Wassersituation?
Bürgermeister: Auf Almen gibt es seit Jahrhunderten oft akuten Grundwasser Mangel
Lorenz Kronberger: „Es hat in den letzten Jahren weniger geregnet, das ist richtig. Für Wasser zur menschlichen Ernährung sollte es immer reichen.
- Tafelwasser an jedem Tisch ist gesellschaftsfähig geworden über die letzten Jahrzehnte.
- Auf Almen in den Bergen gibt es seit vielen Jahrhunderten oft akuten Wassermangel. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
- Das ist eine Falschaussage: Die Nitratwerte sind in dem intensiv bewirtschafteten Gebiet hoch, doch die Grenzwerte wurden noch nie überschritten. Es wurde in den 1990er Jahren wegen der Belastungen mit Desethylatrazin die Beimischung begonnen. Ein Nebeneffekt war, den Nitratwert unter 30 zu halten. Eine Überschreitung gab es nie.
- Zu Töging: Die Stadt Töging erstellt derzeit neue Tiefbrunnen mit Genehmigung durch das WWA. In der öffentlichen Wasserversorgung werden nur wenige Prozent dieses wertvollen Tiefenwassers zur Ernährung verwendet. Das meiste zur WC-Spülung, zum Baden (Schwimmbäder bald in jedem Häuschen), Auto waschen, Garten gießen.
- Zu mir: Ich bin Landwirt und Vater von 3 Kindern. Deshalb ist der Erhalt der Lebensgrundlagen Wasser, Boden, Luft für mich von existenzieller Bedeutung. Meine Kinder sind von Beruf Tierarzt, Vermessungs- und Bauingenieur. Alles auf Fakten basierende Berufe. Wir lassen uns von unseriöser, polemisierender Berichterstattung nicht beeindrucken.
- Eine große Masche der unseriösen Berichterstattung über das Weidinger Tiefenwasser ist, die Trockensituation einer Bergregion mit einer Wassersituation am Rhein oder in Südamerika in einem Bericht zu verwursteln.
Im bayerischen Voralpenland haben wir verhältnismäßig viel Niederschläge – 800 Milliliter. Die Arteserbrunnen entleeren immer zum Inn hin. Ich gehe davon aus, dass wir Wasser nicht zusammendrücken können. Viele Vereinsmitglieder sind durch unseriöse Berichterstattung verunsichert.“
Bürgermeister zum Austritt aus CSU: Keine Sonderrechte für CSU-Funktionäre beim Baurecht
Business Leaders: Sie waren mehr als ein Vierteljahrhundert in der CSU, gewannen 2014 für die CSU die Bürgermeisterwahl in Polling. 2020 wollte sie die CSU, insbesondere etliche CSU-Mitglieder aus Flossen (obwohl Sie dort einen Dorfladen gegründet hatten, um die Nahversorgung zu sichern und damit darüber hinaus zehn Arbeitsplätze zu schaffen) nicht mehr aufstellen, sie wechselten zur UWG. Was war geschehen, was gab den Ausschlag für das Zerwürfnis?
Lorenz Kronberger: „Mein wichtigstes Anliegen als Bürgermeister ist es, unabhängig zu sein. Die Wünsche mancher CSU-Funktionäre zur Schaffung
- von Baurecht, wo es nicht geht,
- zur Umwandlung von öffentlichen Straßen zu ihren Privatwegen,
- zum kostenlosen Ausbau von Erschließungswegen, obwohl alle anderen Häuslebauer ihre Erschließung auch zu 90 Prozent tragen müssen.
Wie Sie sagen, ist mir der regionale Dorfladen wichtig. Und wir betreiben ihn gewinnbringend ohne Zuschüsse. An den Tagten soll ihr sie erkennen.“
Bürgermeister: Haushaltssituation ist sehr gut
Business Leaders: Wie ist die Haushaltssituation in Ihrer Gemeinde Polling? Mit wieviel Mehreinnahmen rechnen Sie, wenn die InnFood Mineral Waters GmbH 2024 tatsächlich loslegt? Und was planen Sie, mit den Mehreinnahmen anzustellen?
Lorenz Kronberger: „Die Haushaltssituation ist sehr gut, wir haben mehr Geld als Schulden. Ich plane mit den Mehreinnahmen nicht. Das ist eine Falschinterpretation, das ist Journalismus.“
Bürgermeister: Setze ganz stark auf unser deutsches Rechtssystem
Business Leaders: Gegen die Kommerzialisierung des Tiefengrundwassers bildet sich gerade breiter Widerstand. Was sagen Sie dazu?
Lorenz Kronberger: „Sie sprechen die Kommerzialisierung an: Im Grundgesetz steht, dass alle gleichbehandelt werden müssen. Bei weitem wird nicht nur in Weiding Tiefenwasser gefährdet:
- Brauerei Ehartin, Bräu im Moos,
- Molkerei Jäger, Haag,
- Wasserversorgung Neumarkt / halb Niederbayern
- alle Münchner Oktoberfestbrauereien und so weiter…
Überall, wo Mineralwasser draufsteht, ist Tiefenwasser drin. Solange diese Betriebe auch Tiefenwasser fördern dürfen, wird kein deutsches Gericht, einer einzelnen Firma bestehende Wasserrechte aberkennen. Da setze ich ganz stark auf unser deutsches Rechtssystem.
Oder man stelle sich vor, jeder Tiefenbrunnen muss geschlossen werden – geht gar nicht.
BBV: Auch Milchviehhaltung aus Arteserbrunnen ist kommerziell.
Im Landesentwicklungsplan steht: Tiefenwasser ist nur sehr sorgsam für die Ernährung oder für Heilzwecke zu verwenden.
- Von Klospülung steht nix.
- Es gibt keine staatliche Wasserquelle (nur das Hofbräuhaus).
Wenn wir Wasser sparen wollen, dann hier:
- Toilettenspülung durch Regenwassersystem,
- beim Rasen gießen (Golfplätze, Fußballplätze),
- bei Pools,
- Sind Springbrunnen noch zeitgemäß?
Aber Wasser zum Trinken jetzt zu verteufeln, dafür habe ich kein Verständnis, keines.“
Business Leaders: Herr Kronberger, wir danken für das Interview.
Genehmigungsbehörde: „Ermessen des Landratsamtes in der Regel auf null reduziert“
Für die Genehmigung der Brunnennutzung in Polling-Weiding ist das Landratsamt Mühldorf am Inn zuständig.
Mühldorfs Landrat Maximilian Heimerl (52, CSU, Diplom-Handelslehrer) aus Neumarkt-Sankt Veit schreibt auf seiner Seite MaxHeimerl.de: „Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wir schützen es und garantieren dadurch auch unseren Kindern und Enkeln beste Wasserqualität.“
Auf unsere Presseanfrage an Landrat Max Heimerl zum Grundwasser vom 25. Mai 2023 antwortete seine Presssprecherin Julia Lerch am 2. Juni 2023:
„Aktueller Stand Genehmigungsverfahren
Die eingegangenen Antragsunterlagen befinden sich derzeit noch in einer Vollständigkeitsund Geeignetheitsprüfung durch die zu beteiligenden Stellen. Da die Voraussetzung für die Einleitung des Erlaubnisverfahrens das Vorliegen geeigneter, vollständiger Antragsunterlagen ist, wurde das Verfahren noch nicht begonnen. Ein endgültiger Zeitpunkt zur Eröffnung des formellen Verfahrens ist derzeit nicht absehbar.
Hintergrundinformationen zum Genehmigungsverfahren
Eine Benutzung von Grundwasser erfordert stets die Beantragung und die Durchführung eines formellen Verwaltungsverfahrens. Hierzu ist beim zuständigen Landratsamt ein Antrag auf eine wasserrechtliche Gestattung zur Gewässerbenutzung zu stellen. Je nach Art und Ausmaß der begehrten Benutzung werden an das Verwaltungsverfahren unterschiedliche Anforderungen gestellt. Hier unterscheidet man regelmäßig zwischen einer Bewilligung, einer gehobenen Erlaubnis und einer beschränkten Erlaubnis zur wasserrechtlichen Benutzung.
Das Ausmaß der begehrten Benutzung bestimmt grundsätzlich auch das durchzuführende Verwaltungsverfahren. So ist bei der Bewilligung als stärkstes Benutzungsrecht grundsätzlich eine umfassende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen, während bei einer lediglich beschränkten Erlaubnis zur Gewässerbenutzung neben der umfassenden Behördenbeteiligung eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit im Regelverfahren nicht vorgesehen ist. Im Gegenzug verschafft die beschränkte Erlaubnis im Regelfall auch lediglich eine stets widerrufliche, befristete und unter entsprechenden Auflagen erteilte Befugnis zur Benutzung, während die Bewilligung ein echtes Benutzungsrecht beinhaltet.
In jedem Verfahren muss jedoch aus rechtlicher und fachlicher Sicht sichergestellt sein, dass schädliche Gewässerveränderungen verhindert werden. Dies beinhaltet auch die Prüfung, ob solche Veränderungen durch entsprechende Auflagen vermieden oder anderweitig ausgeglichen werden können. Hierbei werden neben den wasserwirtschaftlichen Belangen auch Belange des Naturschutzes, des Trinkwasserschutzes und weiterer öffentlicher Fachstellen berücksichtigt.
Nach alldem steht letztlich die Ausübung eines pflichtgemäßen Bewirtschaftungsermessens seitens des Landratsamtes aus. Die Ausübung des Bewirtschaftungsermessens bedeutet nicht, dass das Landratsamt grundsätzlich frei über den Antrag entscheiden kann. Antragsteller und Öffentlichkeit haben gegenüber dem Landratsamt stets einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Sollte das Verfahren daher durch die Beteiligung der Fachstellen – wie zumeist – ein eindeutiges Ergebnis ergeben, so ist das Ermessen des Landratsamtes in der Regel auf null reduziert.“
Nationale Wasserstrategie schont die Großen
Die Bundeskabinett verabschiedete am 15. März 2023 eine Nationale Wasserstrategie. Mit den 78 Maßnahmenvorschlägen des zugehörigen Aktionsprogramms nimmt die Bundesregierung sich und alle beteiligten Akteure in die Pflicht, bis 2050 für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser zu sorgen.
Bei Wasserknappheit sollen jetzt bundeseinheitliche Leitlinien gelten. Auch wird geprüft, wo wasserarme Gebiete per Fernleitung versorgt werden können. Und Wasser-Reinigungskosten sollen fairer zwischen Privathaushalten und Industrie verteilt werden.
Umweltbewegungen kritisieren: Gerade große Konzerne würden in der neuen Strategie zu stark geschont. Liza Pflaum vom Campagnennetzwerk Campact aus dem niedersächsischen Verden an der Aller forderte am 15. März 2023 im ZDF-Heute-Journal: „Es dürfen auch Entnahmerechte über Jahrzehnte nicht mehr vergeben werden. Das ist gerade der Fall. Sondern, es muss stetig evaluiert werden im Kontext des Klimawandels, ob das überhaupt möglich ist, so viel Wasser zu entnehmen. Weil so im schlimmsten Fall für die Bevölkerung nichts mehr übrigbleibt.“
Steffi Lemke (55), die Grünen-Bundesumweltministerin, sagte dazu am gleichen Tag vor der versammelten Presse: „Im Wasserhaushaltsgesetz steht ja schon heute, dass die öffentliche Daseinsvorsorg Priorität hat. Dazu gehört eben auch die Versorgung von wirtschaftlichen Nutzern mit Wasser. Aber bei einer Mangellage würde es dann eine Priorisierung zugunsten des Trinkwassers geben müssen.“
Laut der Wasserexpertin Ressourcenmanagement-Professorin Dr. Claudia Pahl-Wostl von der Universität Osnabrück sind die Grundwasser-Trends in einigen Regionen „besorgniserregend“. Bereits jetzt sei die Versorgung mit Trinkwasser teilweise gefährdet.
Laut Claudia Pahl-Wostl „wird es sehr wahrscheinlich“, dass in den nächsten Jahren „Nutzungskonflikte zwischen der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung, Bewässerung in der Landwirtschaft sowie gewerblicher und industrieller Wassernutzung“ weiter zunehmen werden.
Bei Tesla warnen Naturschützer vor Versalzung durch Sogwirkung
„Wir unternehmen alles, dass das Trinkwasser auch in 100 Jahren nicht gefährdet wird“, versicherte Tesla-Projektmanager und Ex-Deal-Berater der Berliner Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG AG Alexander Riederer von Paar aus Amsterdam in den Niederlanden, bei der Tesla-Anhörung im September 2020 in der Stadthalle von Erkner im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg, wo Tesla über den WSE Wasserverband Strausberg-Erkner sein Schmutzwasser hinleitet.
Marten Lange-Siebenthaler vom Naturschutzbund Fürstenwalde im Landkreis Oder-Spree warnte bei der Tesla-Anhörung, dass mit der Fabrik – infolge der Versiegelung und den veränderten Einträgen von Niederschlag ins Grundwasser – die bisherige hydrologische Balance verändert werde. Dass eine Sogwirkung drohe, Salzwasser aus tieferen Schichten aufsteigen und Grundwasser belasten könnte. Das sei nicht untersucht worden, so Lange-Siebenthaler. Die Befürchtungen rühren auch daher, weil es unweit am Altarm der Spree und der Löcknitz bereits Probleme mit versalztem Grundwasser gibt.
Dr. Stefan Wieneke vom Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU), Abteilung Wasserwirtschaft 1 (Genehmigungen / Grundlagen), Referat W13 – Wasserwirtschaft in Genehmigungsverfahren, aus Potsdam Groß Glienicke sagte bei der Tesla-Anhörung: „Wir haben keine Anhaltspunkte, dass man einem Salzwasseraufstieg befürchten muss.“
Zudem werde durch die Fabrik nicht weniger, sondern mehr Niederschlag ins Grundwasser kommen als beim früheren Kiefernwald.
Detaillierter äußerte sich Dieter Brose. Er leitet im Landesamt Bau und Geologie die Wasserabteilung, die eine anerkannte Software für Salzwasseruntersuchungen entwickelt hat. Sie werde auch bei den Berliner Wasserbetrieben eingesetzt. Über die geologische Beschaffenheit in der Gegend hat die Behörde ein präzises Bild. „Die Möglichkeit des Aufstiegs salinarer Tiefenwasser besteht“, bestätigte Brose.
Es gebe aber keine Hinweise, keine Indikatoren, dass dies passiere. Bislang sei der Salzgehalt im Grundwasser minimal. Wenn der leicht steigen sollte, noch weit von Grenzwerten entfernt, könne man frühzeitig reagieren, betonte Brose. In diesem schlimmsten Fall würde man den Grundwasserleitern gezielt Wasser zuführen. Klar sei aber, dass die neue Fabrik mit einem permanenten Grundwassermonitoring begleitet werden sollte. Versammlungsleiter Ulrich Stock deutete an, dass es im Falle einer Genehmigung eine solche Auflage für Tesla geben werde.
Doch Tesla lässt sich nicht in die Karten gucken
Tesla legte Widerspruch beim Landesumweltamt gegen die Auflage ein, dass der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) bei allen grundwasserrelevanten Fragen einbezogen werden muss.
Und bekam Recht, wie rbb24 am 17. Januar 2023 berichtete: Tesla muss den Wasserverband Strausberg-Erkner nicht mehr unmittelbar über die Ergebnisse von Grundwasseruntersuchungen auf seinem Werksgelände informieren. Das hat das Landesumweltamt (LfU) gegenüber dem rbb bestätigt.
Im April 2022 hatte Tesla gefordert, dass das Unternehmen den WSE nicht mehr unmittelbar über die Ergebnisse des sogenannten Grundwassermonitorings informieren muss. Dabei überprüft ein von Tesla beauftragtes Unternehmen, ob das Grundwasser durch den Fabrikbetrieb verunreinigt wird. Das ist besonders wichtig, weil das Werk in einem Wasserschutzgebiet liegt. Wenige Kilometer entfernt pumpt der WSE Grundwasser aus dem Boden und verarbeitet es zu Trinkwasser. Im November 2022 kam das LfU Teslas Forderung nach und strich den entsprechenden Passus aus der Genehmigung für die Fabrik.
Er sei zu unbestimmt und entspreche nicht den wasserrechtlichen Vorschriften, teilte das Brandenburgische Umweltministerium, zu dem auch das LfU gehört, zur Begründung mit. Der Wasserverband spricht von einem „handfesten Skandal“. (FM)
Zusammenfassung: Grundwasser Deutschland – Satellitendaten zeigen, dass Deutschland in 20 Jahren Wasser im Umfang des Bodensees verloren hat.
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