Die EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy, RIS), die von der EU-Kommission im Mai 2023 vorgestellt wurde, zielt darauf ab, den Schutz von Kleinanlegern in der EU zu verbessern und ihnen den Zugang zu sicheren und transparenten Anlageprodukten zu erleichtern. Ein Hauptziel der Strategie ist es, Kleinanlegern zu ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Dabei sollen Transparenz, geeignete Finanzberatung und klare Marketingpraktiken gefördert werden.

Wichtige Punkte:

Warnhinweise für risikoreiche Produkte
● Regelwerk zum Schutz der Kleinanleger
● Stärkung der finanziellen Bildung von Kleinanlegern
● Richtlinien und Beobachtung von Finfluencern

EU-Kleinanlegerstrategie - Retail Investment Strategy - neue Regeln und mehr Transparenz

EU-Kleinanlegerstrategie – Warnhinweise

Ein wichtiger Bestandteil der Strategie ist die Einführung von standardisierten Informationsformaten und Warnhinweisen für risikoreiche Produkte, um die Vergleichbarkeit und Sicherheit von Anlageprodukten zu erhöhen. Zudem gibt es Vorschläge zur Stärkung der finanziellen Bildung von Kleinanlegern, damit sie ihre Investitionen besser verstehen. Gleichzeitig wurde die Idee eines vollständigen Provisionsverbots fallen gelassen, um negative Auswirkungen auf den Markt zu vermeiden.

Trilog-Verhandlungen zur EU-Kleinanlegerstrategie

Die Trilog-Verhandlungen zur EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy) werden derzeit verzögert, vor allem wegen der Neubesetzung des Europäischen Parlaments und der noch offenen Verhandlungspunkte zwischen den EU-Institutionen. Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft hat im Juli 2024 mit den Verhandlungen begonnen und dabei eine Synopse der unterschiedlichen Positionen der EU-Kommission, des EU-Parlaments und des Rats verteilt. Es wird erwartet, dass die polnische Ratspräsidentschaft Anfang 2025 die Verhandlungen weiterführt.

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW warnt davor, dass unabhängig agierende Vermittler möglicherweise keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten erhalten sollen. Dies würde laut AfW vor allem Makler betreffen.

Ein zentraler Diskussionspunkt in den Verhandlungen ist das Provisionsverbot für Versicherungsmakler, welches umstritten bleibt. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat zeigen sich skeptisch gegenüber einem umfassenden Verbot, da es potenzielle negative Auswirkungen auf den Markt haben könnte. Die Trilog-Verhandlungen zielen darauf ab, ein ausgewogenes Regelwerk zu entwickeln, das sowohl den Schutz der Kleinanleger als auch die Praktikabilität für Finanzakteure berücksichtigt.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) fordert, dass Makler weiterhin gegen Courtage Versicherungsanlageprodukte vermitteln dürfen. Der Verband will sich weiterhin gegen ein Provisionsverbot einsetzen.

Umsetzung der neuen Regeln – der Zeitplan

Die Umsetzung der neuen Regeln wird nicht vor 2025 erwartet, und das Inkrafttreten in den Mitgliedstaaten könnte erst 18 bis 36 Monate nach der finalen Verabschiedung der Verordnung erfolgen.

Jedoch gibt es auch Kritik, dass die neuen Prozesse zu komplex sein könnten, was Kleinanleger eher überfordern als unterstützen könnte. Die Bürokratisierung und zusätzliche Prüfungen könnten für viele Verbraucher verwirrend sein und den gewünschten Effekt der RIS abschwächen. Dennoch wird die Förderung der Digitalisierung und Standardisierung als positiver Schritt für den europäischen Finanzmarkt bewertet.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßt, dass ein generelles Provisionsverbot zunächst vom Tisch ist. Der GDV betont die Wichtigkeit verschiedener Vergütungssysteme und die Wahlfreiheit der Verbraucher bei der Beratung.

GDV Gesamtverband der Versicherer e.V. – Stellungnahme zu den Trilog-Verhandlungen zur EU-Kleinanlegerstrategie (in Englisch)

Informationen zu den Trilog-Verhandlungen und der EU-Kleinanlegerstrategie

  1. Verzögerter Start der Verhandlungen:
  • Der Beginn der Trilog-Verhandlungen zur Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy, RIS) wird sich voraussichtlich verzögern.
  • Ein Start vor Mitte Dezember 2024 gilt als unwahrscheinlich, realistischer ist ein Beginn im Januar 2025.
  1. Gründe für die Verzögerung:
  • Ausstehende Bestätigung der neuen Europäischen Kommission
  • Fehlende Verhandlungsgruppen im Europäischen Parlament nach der Wahl im Juni 2024
  • Komplexe Abstimmung innerhalb der Ratspräsidentschaft
  1. Ablauf und Beteiligte:
  • Am Trilog nehmen Vertreter des Europäischen Rates, des EU-Parlaments und der EU-Kommission teil.
  • Es handelt sich um politische Verhandlungstreffen im Rahmen des EU-Gesetzgebungsverfahrens.
  1. Inhalt und Ziele der Kleinanlegerstrategie:
  • Ziel ist es, die Beteiligung der Europäer an den Kapitalmärkten zu erhöhen.
  • Es soll ein einfacherer Zugang zu regulierter Beratung ermöglicht werden.
  • Informationsflüsse sollen praktikabler und verständlicher gestaltet werden.
  1. Zeitplan und Umsetzung:
  • Eine Einigung wird frühestens im zweiten Quartal 2025 erwartet.
  • Die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt könnte ab dem dritten Quartal 2025 erfolgen.
  • Das Inkrafttreten in den Nationalstaaten würde dann 18 oder 36 Monate nach der Veröffentlichung stattfinden.
  1. Offene Fragen:
  • Es gibt noch keinen neuen Sachstand zum potenziellen Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei versicherungsbasierten Anlageprodukten.
  • Verbände wie der AfW und GDV positionieren sich für die Verhandlungen und setzen sich für die Interessen der Versicherungswirtschaft ein.

Ziele der EU-Kleinanlegerstrategie

  1. Stärkere Beteiligung von Kleinanlegern am Kapitalmarkt:
  • Das übergeordnete Ziel ist es, mehr Menschen dazu zu bringen, am Kapitalmarkt zu investieren und so besser für ihre Zukunft vorzusorgen.
  1. Verbesserung des Verbraucherschutzes:
  • Die Strategie soll den Schutz der Verbraucher optimieren und das Verständnis für die Finanzmärkte verbessern.
  1. Erleichterung des Zugangs zu den Kapitalmärkten:
  • Es soll der breiten Bevölkerung ein einfacherer Zugang zu den Kapitalmärkten ermöglicht werden.
  1. Anpassung der Anlageberatung:
  • Die Beratung soll besser auf die Bedürfnisse der Anleger abgestimmt werden.
  1. Vereinfachung und Verbesserung von Informationen:
  • Informationsflüsse für Verbraucher sollen praktikabler und verständlicher gestaltet werden.
  1. Förderung eines fairen Preis-Leistungs-Verhältnisses:
  • Produkte sollen ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis („value for money“) bieten.
  1. Beitrag zur europäischen Kapitalmarktunion:
  • Die Strategie soll einen Beitrag zur Verwirklichung einer europäischen Kapitalmarktunion leisten.
  1. Modernisierung der Informationsübermittlung:
  • Die digitale Übermittlung von Informationen soll zum Standard werden. Digitalisierungsdruck: Es werden große Herausforderungen hinsichtlich Digitalisierung und Transparenz gesehen, insbesondere für Makler und Vermittler, die an Maklerpools oder Haftungsdächer gebunden sind.

Diese Ziele sollen durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, wie z.B. die Anpassung bestehender Rechtsvorschriften, die Überprüfung von Vergütungsmodellen und die Verschlankung von Informationspflichten.

Rolle von von Finfluencern in der neuen EU-Kleinanlegerstrategie

  1. Erhöhte Aufmerksamkeit: Die EU-Kommission plant, das „Treiben von Finfluencern genauer unter die Lupe zu nehmen“. Dies deutet darauf hin, dass Finfluencer als wichtige Akteure im Finanzbereich wahrgenommen werden, die potenziell Einfluss auf Kleinanleger haben.
  2. Verbraucherschutz: Das Hauptziel dieser verstärkten Aufmerksamkeit ist es, „möglichen Schaden von Verbrauchern abzuwenden“. Die EU-Kommission sieht offenbar ein Risiko darin, dass Finfluencer durch ihre Aktivitäten und Empfehlungen Kleinanleger negativ beeinflussen könnten.
  3. Teil einer breiteren Strategie: Die Beobachtung von Finfluencern ist Teil einer umfassenderen Strategie, die darauf abzielt, „die Finanzwirtschaft verbraucherfreundlicher zu gestalten“. Dies beinhaltet auch andere Maßnahmen wie übersichtlichere Produktinformationen und neue Vorschriften zur Bepreisung von Finanzprodukten.
  4. Mögliche zukünftige Regulierungen: Obwohl keine spezifischen Regulierungen für Finfluencer in den Suchergebnissen erwähnt werden, deutet die erhöhte Aufmerksamkeit darauf hin, dass in Zukunft möglicherweise Regeln oder Richtlinien für ihre Aktivitäten eingeführt werden könnten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Details, wie Finfluencer reguliert oder überwacht werden sollen, in den gegebenen Informationen nicht spezifiziert sind. Die Erwähnung im Kontext der Kleinanlegerstrategie zeigt jedoch, dass die EU-Kommission die Rolle und den potenziellen Einfluss von Finfluencern auf Kleinanleger ernst nimmt und beabsichtigt, diesen Bereich genauer zu untersuchen.

Kritik an Finfluencern (Finanz-Influencern)

Mangelnde Qualifikation und Expertise

Viele Finfluencer haben keine formale Ausbildung oder Qualifikation im Finanzbereich. Kritiker argumentieren, dass sie oft komplexe Finanzthemen zu stark vereinfachen oder sogar falsche Informationen verbreiten.

Interessenkonflikte und mangelnde Transparenz

Finfluencer verdienen häufig durch Affiliate-Marketing oder Kooperationen mit Finanzunternehmen. Dies kann zu Interessenkonflikten führen, wenn sie bestimmte Produkte oder Dienstleistungen empfehlen, ohne die Vergütung offenzulegen.

Förderung riskanten Anlageverhaltens

Einige Finfluencer propagieren hochriskante Anlagestrategien oder spekulative Investments, was insbesondere unerfahrene Anleger in finanzielle Schwierigkeiten bringen kann.

Oberflächlichkeit und Vereinfachung

Komplexe Finanzthemen werden oft auf einfache Formeln oder Schlagworte reduziert. Dies kann zu einem falschen Verständnis von Finanzprodukten und -märkten führen.

Mangelnde Regulierung

Im Gegensatz zu lizenzierten Finanzberatern unterliegen Finfluencer keiner strengen Regulierung. Dies erschwert den Schutz von Verbrauchern vor irreführenden oder falschen Informationen.

Kurzfristiger Fokus

Viele Finfluencer konzentrieren sich auf kurzfristige Gewinne oder Trends, anstatt langfristige Finanzplanung und solide Anlagestrategien zu fördern.

 
Trotz dieser Kritikpunkte gibt es auch Stimmen, die den positiven Beitrag von Finfluencern zur Finanzerziehung und -bildung hervorheben, insbesondere für jüngere Zielgruppen. Es liegt letztlich in der Verantwortung der Nutzer, Informationen kritisch zu hinterfragen und verschiedene Quellen zu konsultieren.